Heimkehr in die Jugend von Leopold Schefer

Könnt’ ich, so wie ein Wandersmann
Heim – in die Jugend gehn,
Klopft’ ich an unsrem Häuschen an,
Das ich nicht mehr gesehn.
 
„Bist du es, mein geliebtes Kind?
Wo warst du denn so lang?
Tritt ein! Hu, draußen saust der Wind!
War dir nach uns nicht bang?“
 
Ach, bange, bang; drum kehr’ ich heim
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An eure Feuerstatt.
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Die Mutter bringt mir Honigseim:
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„Mein Sohn, nun iß dich satt!“
 
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Ich schau’ in jedes Bett hinein –
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Da, schläft der Vater fort!
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Da, die Geschwister! lieb und klein!
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Ich schlaf’ am alten Ort!
 
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Vergessen ist der lange Schmerz,
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Mir ist so wohl, so wohl!
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In Freude schwimmt das Kinderherz –
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Im Schornstein saust es hohl!
 
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„Ach, wäre nur die Nacht vorbei!“
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So seufzt die Mutter still,
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„Dann seh’ ich ihm in’s Auge frei
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Und frage, was er will!“
 
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Doch scheint die Sonne früh, – so bald,
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Da ist mein Traum dahin.
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Ich lieg’ auf falbem Laub im Wald,
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Haus, Alles ist dahin!
 
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Der Rasen deckt die Lieben zu,
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Kein Köhlchen glimmt am Heerd
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Sie schlafen – tief, in tiefer Ruh,
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Und auf mir liegt die Erd!
 
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„Ach, wäre nur die Nacht vorbei!“
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Seufz’ ich am Tage dann.
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Fern gellt der Todtenglocke Schrei,
36 
Die Sonne sieht mich an!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Heimkehr in die Jugend“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
202
Entstehungsjahr
1857
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Heimkehr in die Jugend“ wurde von Leopold Schefer geschrieben, einem deutschen Dichter und Komponisten, der von 1784 bis 1862 lebte. Die zeitliche Einordnung des Gedichtes ist im deutschen Biedermeier, da Schefer in dieser Zeit eine seiner kreativsten Phasen hatte.

Der erste Eindruck des Gedichts lässt auf eine melancholische Stimmung schließen, in der sich das lyrische Ich nach der Wiedererlangung seiner Jugend und den damit verbundenen schönen Erinnerungen sehnt.

Der Inhalt des Gedichtes lässt sich wie folgt zusammenfassen: Das lyrische Ich erzählt von seinem Wunsch, wieder in seine Jugend zurückkehren zu können, welche sinnbildlich als ein heimeliges Häuschen dargestellt wird. Es beschreibt den herzlichen und liebevollen Empfang seiner Mutter und die Geborgenheit, die es in seinem alten Familienhaus spürt. Allerdings bewusst wird, dass dies nur ein Traum ist, und er in der Realität alleine und verloren liegt. Das Gedicht endet mit der melancholischen Aussicht, dass seine Familie nicht mehr lebt und er auf sich allein gestellt ist.

Die Form des Gedichts ist klassisch: Es besteht aus neun gleichaufgebauten Strophen zu je vier Versen. Die klare Struktur und die einfache, aber präzise Sprache erzeugen eine starke Bildhaftigkeit und emotional eindringliche Atmosphäre. Das lyrische Ich benutzt Alltagssprache, um seine Sehnsüchte zu vermitteln, was dem Gedicht eine zugängliche und authentische Ausstrahlung verleiht.

Der Ausdruck „in die Jugend“ ist metaphorisch zu sehen, es steht für die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach der Vergangenheit und der Unbeschwertheit der früheren Jahre. Auch das „Häuschen“, in dem seine Familie lebt, ist ein Symbol für Geborgenheit und Heimat, welches in der Strophe 4 verdeutlicht wird. Durch die wiederholende Formel „Ach, wäre nur die Nacht vorbei!“ wird die tiefe Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Vergangenem, Verlorenem und der Traurigkeit über den Tod der Familienmitglieder deutlich.

Zusammenfassend ist „Heimkehr in die Jugend“ ein melancholisches und dennoch tröstendes Gedicht über das Älterwerden, den Verlust der Familie und die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten. Es zeigt die Kraft der Erinnerung und die Möglichkeit, Trost in der Vergangenheit zu finden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Heimkehr in die Jugend“ des Autors Leopold Schefer. 1784 wurde Schefer in Muskau geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1857. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 202 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „Der Zauberschild“ und „Liebes-Aufgang“ sind weitere Werke des Autors Leopold Schefer. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Heimkehr in die Jugend“ keine weiteren Gedichte vor.

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