Ziehende Landschaft von Hilde Domin

Man muss weggehen können
und doch sein wie ein Baum:
als bliebe die Wurzel im Boden,
als zöge die Landschaft und wir ständen fest.
Man muss den Atem anhalten,
bis der Wind nachlässt
und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt,
bis das Spiel von Licht und Schatten,
von Grün und Blau,
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die alten Muster zeigt
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und wir zuhause sind,
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wo es auch sei,
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und niedersitzen können und uns anlehnen,
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als sei es das Grab
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unserer Mutter.

veröffentlicht in: Hilde Domin, Gesammelte Gedichte, Frankfurt am Main 1987

Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Ziehende Landschaft“

Autor
Hilde Domin
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
78
Entstehungsjahr
1909 - 2006
Epoche
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus,
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von der deutschen Lyrikerin Hilde Domin, die im 20. Jahrhundert von 1909 bis 2006 lebte. Dieses Gedicht wurde im 21. Jahrhundert, konkret im Jahr 1955, veröffentlicht. Sie ist bekannt für ihre Lyrik, die sich intensiv mit Themen wie Exil, Heimat und Identität auseinandersetzt.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer melancholischen Atmosphäre, die die fortwährende Bewegung und das ständige Suchen des lyrischen Ichs betont. Zugleich ist das Gedicht geprägt von starker Symbolik und einer bildhaften, metaphorischen Sprache.

Inhaltlich konfrontiert uns das Gedicht mit der paradoxen Idee des Weggehens, während man gleichzeitig verwurzelt bleibt, vergleichbar mit einem Baum, dessen Wurzeln im Boden bleiben, während die Landschaft sich bewegt. Die Notwendigkeit des Weggehens wird hervorgehoben und dabei gleichzeitig das Bedürfnis nach Stabilität und Heimat unterstrichen. Das lyrische Ich scheint hier eine Art Exil zu beschreiben, in dem es den inhärenten Wunsch nach Vertrautheit und Zugehörigkeit verspürt, unabhängig davon, wo es sich gerade befindet. Dies könnte als metaphorischer Ausdruck der Erfahrungen von Domin interpretiert werden, die selbst in der Zeit des Nationalsozialismus ins Exil gehen musste und nach ihrer Rückkehr eine neue Heimat im Schreiben fand.

Formal besteht das Gedicht aus einer einzigen Strophe mit 15 Versen. Es gibt kein festes Reimschema, was der Thematik der fließenden Bewegung und der Unsicherheit entspricht. Das Spiel mit Licht und Schatten, Grün und Blau, erzeugt eine lebendige, flüssige Atmosphäre und spiegelt gleichzeitig die inneren Konflikte und den Wandel des lyrischen Ichs wider. Die Sprache des Gedichts ist schlicht und doch präzise in ihren Bildern, die sehr organisch und naturverbunden wirken.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „Ziehende Landschaft“ von Hilde Domin ein Gedicht ist, das auf eindrucksvolle Weise die Themen Bewegung, Wurzeln, Exil und Heimatsuche in den Mittelpunkt stellt. Es zeigt eindringlich die emotionalen Konflikte, die mit dem Verlassen der Heimat einhergehen, und den tiefen menschlichen Wunsch nach Vertrautheit und Zugehörigkeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ziehende Landschaft“ der Autorin Hilde Domin. Geboren wurde Domin im Jahr 1909 in Köln. Im Zeitraum zwischen 1925 und 2006 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit, Exilliteratur oder Nachkriegsliteratur zugeordnet werden. Bei Domin handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 78 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 15 Versen. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Ziehende Landschaft“ keine weiteren Gedichte vor.

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