Frühjahr von Paul Boldt

Die ganze Nacht durch kamen Wanderungen
Wie auf der Flucht, in sohlenloses Schreiten
Vermummt. Am Morgen bargen es die Weiten:
Nur Sturm schwimmt durch die dunkelen Waldungen.
 
Als wäre allem Licht ein Tor gesprungen,
Will es sich in die Aderbäume breiten,
Darin die Pulse spülen, Säfte gleiten
Wie Frühjahrströme durch die Niederungen.
 
Mein gutes Glück, märzlich dahergetänzelt.
10 
Mädchen, gut, daß du Weib bist! Diese Stunde
11 
Verlangt das. Küsse mich! O unsere Munde
 
12 
Haben noch niemals um ihr Glück scharwenzelt.
13 
Du — du — dein Haar riecht wie der frühe Wind
14 
Nach weißer Sonne — Sonne — Sonne — Wind.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Frühjahr“

Autor
Paul Boldt
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
94
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Verfasser des Gedichts ist Paul Boldt, der von 1885 bis 1921 lebte und damit ein Vertreter der expressionistischen Dichtung in Deutschland war.

Auf den ersten Blick springt die stark sinnliche und bildhafte Sprache ins Auge, die dazu dient, die Stimmung und das Gefühl des Frühjahrs zu transportieren. Es ist eine durch und durch positive Atmosphäre, eine Erneuerung und ein Aufblühen nach der Dunkelheit und Kälte des Winters.

Im Inhalt geht es um die Erneuerung und Veränderung, die mit dem Frühling einhergeht. Im ersten Teil des Gedichts beschreibt das lyrische Ich Veränderungen in der Natur, die ankommenden Ströme von wandernden Leuten und das Erwachen der Natur am Morgen. Im zweiten Teil geht das lyrische Ich perspektivisch auf das eigene Glück ein, welches ebenfalls mit dem Frühling in Verbindung gebracht wird. Dies wird durch die Anwesenheit eines geliebten Mädchens symbolisiert, das in der „weißen Sonne“ des Frühlings erstrahlt und genauso lebendig und erneuert erscheint wie die Natur selbst.

Formal ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, davon zwei jeweils vierzeilige und zwei drei-zeilige Strophen. Das Gedicht folgt keinem Reimschema, aber Struktur und Rhythmus sind dennoch äußerst kohärent. Ein gelegentlicher Gebrauch von Alliterationen, wie „Sohlenloses Schreiten“ oder „Frühjahrströme“, lässt das Gedicht trotz fehlenden Reims melodisch und flüssig wirken.

Die Sprache des Gedichts ist stark metaphorisch und bildhaft. Der lyrische Ausdruck erzeugt intensive und lebendige Bilder von Natur, Veränderung und jugendlicher Leidenschaft. Die Sprache ist sowohl fesselnd als auch poetisch, voller sinnlicher Beschreibungen und intensiver Emotionen, als ob das lyrische Ich die Schönheit und Erneuerung des Frühlings direkt vor uns ausbreiten würde. Ein bemerkenswertes Beispiel für die sprachliche Gestaltung zeigt sich in den wiederholten Worten „Sonne — Sonne — Sonne — Wind“ am Ende des Gedichts, die einen melodischen, fast hypnotischen Effekt erzeugen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Paul Boldts „Frühjahr“ ein eindrucksvolles Gedicht ist, das einen Höhepunkt expressionistischer Dichtung repräsentiert, indem es die Kraft und Begeisterung des lyrischen Ichs ausdrückt, die mit dem Aufkommen des Frühlings einhergeht und dabei die Natur, die wandelnden Menschen und die jugendliche Leidenschaft umfasst.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Frühjahr“ des Autors Paul Boldt. Geboren wurde Boldt im Jahr 1885 in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen). Im Jahr 1914 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 94 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „Berlin“, „Berliner Abend“ und „Capriccio“ sind weitere Werke des Autors Paul Boldt. Zum Autor des Gedichtes „Frühjahr“ haben wir auf abi-pur.de weitere 49 Gedichte veröffentlicht.

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