Nachruf an Zacharias Werner von Franz Grillparzer
1 |
So bist du nicht mehr unter uns? |
2 |
Bist hingegangen, Werner, abzulegen |
3 |
Das unfreiwillig schaurige Profeß |
4 |
Bei deinen grauen Mönchen vom Karmel, |
5 |
Dem heilgen Berg, du armer Sohn des Tals? |
6 |
Was ist die Hora lang, |
7 |
Der Guardian streng, |
8 |
Und schrecklich der Posaunenschall des Fests! |
|
|
9 |
Man sagt, daß wer sich selbst geschaut im Leben, |
10 |
Die eigene Gestalt, ansichtig außer sich, |
11 |
Daß er nicht leben könne fürder mehr |
12 |
Und müsse sterben in der nächsten Frist. |
13 |
O unglückselge Frucht der Selbstbeschauung! |
14 |
Du hast dich auch geschaut und bist gestorben: |
15 |
Denn das nicht, was er ist, nein, was er tut, |
16 |
Das soll der Mensch erkennen und erwägen, |
17 |
Sonst ist er tot, seis auch, daß er noch atme! |
18 |
Die ewgen Geister schauen und sind heilig, |
19 |
Der Mensch soll aber handeln und sei gut. |
|
|
20 |
Nicht auf sich selbst, die eigne Form und Unform, |
21 |
Soll er die Augen heften, wenden seine Glut, |
22 |
Die Außenwelt ward ihm als lichte Braut, |
23 |
Die mag er sich erfassen und umarmen, |
24 |
Und Kinder zeugen, daß die Welt bestehe! |
25 |
Fuch auch im Geisterreich der Unzucht mit sich selbst! |
|
|
26 |
Du, Armer, hast die Ruhe nie gekannt, |
27 |
Dein Streben nahm sie dir, und strebtest doch um Ruhe! |
28 |
Da dir die Milch der Menschheit schmacklos war geworden, |
29 |
Schien bald kein Reiz dir geistig scharf genug; |
30 |
Dem Gleichgewicht entrückt durch eignes Schwanken, |
31 |
Durchliefst du jeden Punkt des großen Hebels |
32 |
Und suchtest nur den Ort, um fest zu stehn: |
33 |
Umsonst! die Ruhe stellt sich ein, sobald man ruhig! |
34 |
Im Sinnenrausch, im Rausch des innern Sinns |
35 |
Ward er von dir gesucht und nicht gefunden, |
36 |
Des geistgen Archimed dos moi pou sto, |
37 |
Der heut und gestern immer gleiche Punkt, |
38 |
Der ewge Mittelpunkt. Schlaf wohl du Armer! |
39 |
Nun hast du ihn! |
Details zum Gedicht „Nachruf an Zacharias Werner“
Franz Grillparzer
4
39
279
1791 - 1872
Biedermeier,
Realismus
Gedicht-Analyse
Franz Grillparzer ist der Autor des Gedichtes „Nachruf an Zacharias Werner“. Grillparzer wurde im Jahr 1791 in Wien geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1807 bis 1872 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier oder Realismus zu. Der Schriftsteller Grillparzer ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 279 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 39 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Franz Grillparzer sind „Vorzeichen“, „Werbung“ und „Zwischen Gaeta und Kapua“. Zum Autor des Gedichtes „Nachruf an Zacharias Werner“ haben wir auf abi-pur.de weitere 300 Gedichte veröffentlicht.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Franz Grillparzer
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Franz Grillparzer und seinem Gedicht „Nachruf an Zacharias Werner“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
Weitere Gedichte des Autors Franz Grillparzer (Infos zum Autor)
- Abschied
- Abschied von Gastein
- Am Hügel
- Am Morgen nach einem Sturm
- An einen Freund
- Beethoven
- Der Wunderbrunnen
- Entsagung
- Vorzeichen
- Werbung
Zum Autor Franz Grillparzer sind auf abi-pur.de 300 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt