Mistriss Shaw von Franz Grillparzer

1	Ihr freuet euch an lauten Katarakten
2	Am schroffen Fels, um den der Nebel schwebt,
3	Indem euch Schauder über Schauder packten,
4	Fühlt ihr die Seele erst, dieweil sie bebt.
5	Es gellt das Ohr, die wirren Sinne schwanken,
6	Statt klaren Wassers sprüht geballter Schaum,
7	Im Schiffbruch des Bewußtseins, der Gedanken,
8	Macht erst Empfindung sich, Begeistrung Raum.
9	Ich liege gern am moosgeschwellten Rande,
10	Um den der Bach die Silberwellen rollt,
11	Das Laubdach schirmt vor heißem Sonnenbrande,
12	Das Gras durchwirkt der Blumen helles Gold.
13	Des Wassers Lippen und der Bäume Zungen
14	Stimmt ein zum Ton berührter Phantasie,
15	Halb an dem Ohr, halb in der Brust erklungen,
16	Umkreist ein Strom mich leiser Harmonie.
17	Da tönt vom Busch ein Laut der Wunderkehle,
18	Er steigt und schwillt, klingt nach, verhallt und stirbt.
19	Hab Dank, du Zauberin, o Philomele,
20	In die verloren man sich selbst erwirbt.

Details zum Gedicht „Mistriss Shaw“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Mistriss Shaw“ des Autors Franz Grillparzer. Geboren wurde Grillparzer im Jahr 1791 in Wien. Das Gedicht ist in der Zeit von 1807 bis 1872 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Grillparzer ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 138 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Franz Grillparzer sind „Vorzeichen“, „Werbung“ und „Zwischen Gaeta und Kapua“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Mistriss Shaw“ weitere 300 Gedichte vor.

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