Die Muse beklagt sich von Franz Grillparzer

1	Was kommt ihr mit Spießen und Stangen,
2	Mich zu fangen?
3	Dem Himmel sei es geklagt,
4	Bin doch nur eine arme Magd!
5	Wollt mit Schlingen und Netzen
6	Mich rings umsetzen!
7	Ich aber, schlanker als ein Aal,
8	Entschlüpf euch allzumal.
9	Etwa mein Schwesterlein,
10	Prosa heißt sie gemein,
11	Trägt oft mein Gewand,
12	Die fängt man mit der Hand,
13	Ich selber, auf Klippen und Höhn,
14	Lieb es, allein zu gehn,
15	Wer nicht klettert und springt,
16	Selbst nicht mein Anschaun erringt;
17	Und ein Kamel nicht so schwer
18	Geht durch ein Nadelöhr,
19	Als, mit Zitaten bepackt,
20	Einer die Muse erjagt.
21	Erst warens die Philosophen,
22	Fuhren hervor hinterm Ofen,
23	Meinten mit cur und mit quare
24	Mich zu lehren das Wahre.
25	Drauf die Dichter, die halben,
26	Prosa beduftet mit Salben,
27	Ludwig Tieck und Genoß,
28	All der Novellentroß,
29	Endlich gar die Historiker,
30	Täppisch wie kein Voriger:
31	Friedrich Raumer, der Schalk,
32	Paßt in jeden Balg.
33	Wär doch der Letzte Gervinus,
34	Hält sein historisches Minus
35	Für ein poetisches Plus,
36	O Asinus!

Details zum Gedicht „Die Muse beklagt sich“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Muse beklagt sich“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Franz Grillparzer. Der Autor Franz Grillparzer wurde 1791 in Wien geboren. Zwischen den Jahren 1807 und 1872 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier oder Realismus zu. Bei Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 160 Worte. Franz Grillparzer ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Hügel“, „Am Morgen nach einem Sturm“ und „An einen Freund“. Zum Autor des Gedichtes „Die Muse beklagt sich“ haben wir auf abi-pur.de weitere 300 Gedichte veröffentlicht.

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