Am Futterplatz von Victor Blüthgen

Still träumt der Wald in tiefem Schnee.
Ein weißer Dom schießt rings mich ein;
durch seine Lücken in der Höh
blickt grauer Winterhimmel drein.
Wie starr der Bäume Säulen stehn!
Von überall haucht's kalt mich an;
und doch: wie schön, wie wunderschön!
Ein Märchen, das der Tod ersann.
 
Zuweilen wie ein Glöcklein klingt's:
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das ist der Meise Silberton;
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durchs weiße Netzwerk oben schwingt's
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und ist im Nu dem Blick entflohn.
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Und dort: ein Werk der Menschenhand —
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gestützte Dächer, dick verschneit —
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im unbarmherzgen Winterland
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ein Tempel der Barmherzigkeit.
 
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Im weißen Grunde scharrt das Reh
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und äugt und wittert langsam fort:
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kein nährsam Hälmchen überm Schnee,
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und drunter alles Grün verdorrt.
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Und näher stampft es, da — und da —
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am nächsten Busche rührt sich's schon.
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Zum Tempel kommt von fern und nah
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die hungrig stumme Prozession.
 
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Der Wärtel hat gedeckt den Tisch:
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die Raufen füllt das duftge Heu.
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Nun quillt's in schwärzlichem Gemisch
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und zupft behaglich sonder Scheu ...
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Ich späh versteckt; mein Auge hängt
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an ihrer zierlichen Gestalt,
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bis alles satt, und weiterdrängt —
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und wieder einsam träumt der Wald.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Am Futterplatz“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
181
Entstehungsjahr
1844 - 1920
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Am Futterplatz“ ist Victor Blüthgen. Geboren wurde Blüthgen im Jahr 1844 in Zörbig. Zwischen den Jahren 1860 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 181 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Victor Blüthgen sind „Der Traum“, „Ach, wer doch das könnte!“ und „Auf der Düne“. Zum Autor des Gedichtes „Am Futterplatz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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