Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab von Paul Gerhardt

1.
Also hat Gott die Welt geliebt
Das merke, wer es höret
Die Welt, die Gott so hoch betrübt,
Hat Gott so hoch geehret,
Daß er den eingebornen Sohn,
Den eingen Schatz, die einge Kron,
Das einge Herz und Leben
Mit Willen hingegeben.
 
10 
2.
11 
Ach wie muß doch ein einges Kind
12 
Bei uns hier auf der Erden,
13 
Da man doch nichts als Bosheit findt,
14 
So hoch geschonet werden;
15 
Wie hitzt, wie brennt der Vatersinn,
16 
Wie gibt und schenkt er alles hin,
17 
Eh als er an das Schenken
18 
Des Eingen nur will denken!
 
19 
3.
20 
Gott aber schenkt, aus freiem Mut
21 
Und mildem treuem Herzen,
22 
Sein einges Kind, sein schönstes Gut
23 
In mehr als tausend Schmerzen;
24 
Er gibt ihn in den Tod hinein,
25 
Ja in die Höll und ewge Pein,
26 
Zu unerhörtem Leide
27 
Stößt Gott sein einge Freude!
 
28 
4.
29 
Warum doch das? Daß du, o Welt,
30 
Frei wieder möchtest stehen
31 
Und durch ein teures Lösegeld
32 
Aus deinem Kerker gehen;
33 
Denn du weißt wohl, du schnöde Braut,
34 
Wie, da dich Gott ihm anvertraut,
35 
Du, wider deinen Orden,
36 
Ihm allzu untreu worden.
 
37 
5.
38 
Darüber hat dich Sünd und Tod
39 
Und Satanas Gesellen
40 
Zu bittrer Angst und harter Not
41 
Beschlossen in der Höllen.
42 
Und ist hier gar kein andrer Rat
43 
Als der, den Gott gegeben hat;
44 
Wer den hat, wird dem Haufen
45 
Der höllschen Feind entlaufen.
 
46 
6.
47 
Gott hat uns seinen Sohn verehrt,
48 
Daß aller Menschen Wesen,
49 
So mit dem ewgen Fluch beschwert,
50 
Durch diesen soll genesen.
51 
Wen die Verdammnis hat umschränkt,
52 
Der soll durch den, den Gott geschenkt,
53 
Erlösung, Trost und Gaben
54 
Des ewgen Lebens haben.
 
55 
7.
56 
Ach mein Gott, mein Lebens Grund,
57 
Wo soll ich Worte finden?
58 
Mit was für Lobe soll mein Mund
59 
Dein treues Herz ergründen?
60 
Wie ist dir immermehr geschehn?
61 
Was hast du an der Welt ersehn,
62 
Daß, die so hoch dich höhnet,
63 
Du so gar hoch gekrönet?
 
64 
8.
65 
Warum behieltst du nicht dein Recht
66 
Und ließest ewig pressen
67 
Diejenge, die dein Recht geschwächt
68 
Und freventlich vergessen?
69 
Was hattest du an der für Lust,
70 
Von welcher dir doch war bewußt,
71 
Daß sie für dein Verschonen
72 
Dir schändlich würde lohnen?
 
73 
9.
74 
Das Herz im Leibe weinet mir
75 
Vor großem Leid und Grämen,
76 
Wenn ich bedenke, wie wir dir
77 
So gar schlecht uns bequemen.
78 
Die meisten wollen deiner nicht,
79 
Und was du ihnen zugericht
80 
Durch deines Sohnes Büßen,
81 
Das treten sie mit Füßen.
 
82 
10.
83 
Du, frommer Vater, meinst es gut
84 
Mit allen Menschenkindern,
85 
Du ordnest deines Sohnes Blut
86 
Und reichst es allen Sündern,
87 
Willst, daß sie mit der Glaubenshand
88 
Das, was du ihnen zugewandt,
89 
Sich völlig zu erquicken,
90 
Fest in ihr Herze drücken.
 
91 
11.
92 
Sieh aber, ist nicht immerfort
93 
Dir alle Welt zuwider?
94 
Du bauest hier, du bauest dort,
95 
Die Welt schlägt alles nieder.
96 
Darum erlangt sie auch kein Heil,
97 
Sie bleibt im Tod und hat kein Teil
98 
Am Reiche, da die Frommen,
99 
Die Gott gefolgt, hinkommen.
 
100 
12.
101 
An dir, o Gott, ist keine Schuld,
102 
Du, du hast nichts verschlafen:
103 
Der Feind und Hasser deiner Huld
104 
Ist Ursach deiner Strafen,
105 
Weil er den Sohn, der ihm so klar
106 
Und nah ans Herz gestellet war,
107 
Auch einzig helfen sollte,
108 
Durchaus nicht haben wollte.
 
109 
13.
110 
So fahre hin, du tolle Schar!
111 
Ich bleibe bei dem Sohne.
112 
Dem geb ich mich, des bin ich gar,
113 
Und er ist meine Krone.
114 
Hab ich den Sohn, so hab ich gnug,
115 
Sein Kreuz und Leiden ist mein Schmuck,
116 
Sein Angst ist meine Freude,
117 
Sein Sterben meine Weide.
 
118 
14.
119 
Ich freue mich, so oft und viel
120 
Ich dieses Sohns gedenke.
121 
Dies ist mein Lied und Saitenspiel,
122 
Wann ich mich heimlich kränke,
123 
Wann meine Sünd und Missetat
124 
Will größer sein als Gottes Gnad,
125 
Und wann mir meinen Glauben
126 
Mein eigen Herz will rauben.
 
127 
15.
128 
Ei, sprech ich, war mein Gott geneigt,
129 
Da wir noch Feinde waren,
130 
So wird er ja, der kein Recht beugt,
131 
Nicht feindlich mit mir fahren
132 
Anitzo, da ich ihm versühnt,
133 
Da, was ich Böses je verdient,
134 
Sein Sohn, der nichts verschuldet,
135 
So wohl für mich erduldet.
 
136 
16.
137 
Fehlts hier und dar? Ei unverzagt!
138 
Laß Sorg und Kummer schwinden!
139 
Der mir das Größte nicht versagt,
140 
Wird Rat zum Kleinern finden.
141 
Hat Gott mir seinen Sohn geschenkt
142 
Und für mich in den Tod gesenkt:
143 
Wie sollt er, laßt uns denken,
144 
Nicht alles mit ihm schenken!
 
145 
17.
146 
Ich bins gewiß und sterbe drauf:
147 
Nach meines Gottes Willen
148 
Mein Kreuz und ganzer Lebenslauf
149 
Wird sich noch fröhlich stillen.
150 
Hier hab ich Gott und Gottes Sohn,
151 
Und dort bei Gottes Stuhl und Thron:
152 
Da wird fürwahr mein Leben
153 
In ewgen Freuden schweben.

Details zum Gedicht „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab“

Anzahl Strophen
17
Anzahl Verse
153
Anzahl Wörter
734
Entstehungsjahr
1607 - 1676
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Paul Gerhardt ist der Autor des Gedichtes „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab“. Im Jahr 1607 wurde Gerhardt in Gräfenhainichen bei Wittenberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1623 und 1676. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 734 Wörter. Es baut sich aus 17 Strophen auf und besteht aus 153 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Gerhardt sind „Sollt ich meinem Gott nicht singen“, „O Welt , sieh hier dein Leben“ und „O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn“. Zum Autor des Gedichtes „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 67 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Paul Gerhardt (Infos zum Autor)

Zum Autor Paul Gerhardt sind auf abi-pur.de 67 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.