Zur Einleitung von Adelbert von Chamisso
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Was mir im Busen schwoll, mir unbewußt, |
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Ich konnt es nicht verhindern, ward Gesang; |
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Zum Liede ward mir jede süße Lust, |
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Zum Liede jeder Schmerz, mit dem ich rang; |
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Das Lied erhob aus zornerkrankter Brust |
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Sich sturmbeflügelt in der Zeiten Drang; |
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Ich hörte nur die eigne Stimme rauschen |
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Und sorgte nicht, man könne mich belauschen. |
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Doch ihr, die ich bewundert wie die Sterne |
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Des Himmels über mir, so hoch und klar, |
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Die nur entblößten Hauptes aus der Ferne |
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Zu grüßen, mir ein Traum des Dünkels war, |
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Ihr meine hohen Meister, lauschtet gerne |
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Dem schlichten Laut, aufblickend nahm ich wahr, |
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So wie des Liedes Wogen ausgebrandet, |
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Daß lächelnd ihr im Kreise mich umstandet. |
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Und eurem hohen Chor war's mir beschieden, |
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Errötend faß ich's nicht, mich anzureihn; |
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Wohl herrlich ist es, von den Homeriden |
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Ein Größrer sprach's - der letzte noch zu sein; |
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Ihr schmücktet mit der Binde mich hienieden, |
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Ich werde nicht das Priestertum entweihn; |
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Der Ernst, die Liebe wohnen mir im Busen, |
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Und also schreit ich zum Altar der Musen. |
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Ihr habet auf die Stufen dieser Halle |
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Als Wächter mich und Herold hingestellt; |
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Zum Feste des Gesanges lad ich alle, |
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Die einer Sprache Mutterlaut gesellt; |
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Herein, herein! das deutsche Lied erschalle |
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Volltönig, kräftig in die ernste Welt; |
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Herein! du Meister mit der Lorbeer-Krone; |
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Du Jünger, der noch ringt nach gleichem Lohne. |
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Herein! du Jünger; zaudre nicht zu neigen |
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Dein lock'ges Haupt vor deinen Meistern hier; |
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Dir ziemt vor ihnen Ehrfurcht wohl zu zeigen, |
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Du ringst hinan zu ihrem Lichtrevier; |
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Und wehte nicht aus ihres Lorbeers Zweigen |
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Des Gottes Schöpferatem erst zu dir? |
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Bin so wie du, obschon in grauen Haaren, |
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Ein Jünger nur; vertraue meinen Jahren. |
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Herein! du Dichterfürst in deinem Ruhme, |
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Und laß die Mächte deiner Lieder walten; |
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Beschirme diese du im Heiligtume, |
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Dir ziemt die Jugend ehrenvoll zu halten; |
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Wer weiß, ob nicht die erst erschloßne Blume |
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Zur schönern Frucht sich werde noch entfalten? |
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Du hast, wie sie, im niedern Wald verborgen |
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Gerungen und gestrebt an deinem Morgen. |
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Wer will, sei mit im Uns; die Kunst ist frei, |
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Es singe, wem ein Gott Gesang gegeben; |
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Die Sonne weckt die Blumen auf im Mai, |
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Und reift im Herbst das flüß'ge Gold der Reben; |
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Ob später Herbst, ob Frühling in uns sei, |
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Es steigt der Saft, es reget sich das Leben, |
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Und so wir rauschend in die Saiten greifen, |
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Die Blumen wachen auf, die Früchte reifen. |
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Doch seht am Himmel welch ein trüber Flor |
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Gewitterdrohend in des Tages Schwüle! |
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Die Welt ist ernst geworden, sie verlor |
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In Sturmesdrang die Lust am Saitenspiele; |
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Wer, Freunde, lauschte jetzt noch unserm Chor? |
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Wer ist, der in der Dichtung sich gefiele? |
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Laßt friedsam uns und fromm im Liedergarten |
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Des uns vertrauten heil'gen Funkens warten. |
Details zum Gedicht „Zur Einleitung“
Adelbert von Chamisso
8
64
450
1833
Romantik
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zur Einleitung“ des Autors Adelbert von Chamisso. 1781 wurde Chamisso geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1833 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Chamisso ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Epoche lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das vorliegende Gedicht umfasst 450 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 64 Versen. Der Dichter Adelbert von Chamisso ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Mutter und das Kind“, „Das Mädchen“ und „Der Spielmann“. Zum Autor des Gedichtes „Zur Einleitung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 146 Gedichte veröffentlicht.
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