Die beiden Engel von Emanuel Geibel

1	O kennst du, Herz, die beiden Schwesterengel,
2	Herabgestiegen aus dem Himmelreich:
3	Stillsegnend Freundschaft mit dem Lilienstengel,
4	Entzündend Liebe mit dem Rosenzweig?
5	Schwarzlockig ist die Liebe, feurig glühend,
6	Schön wie der Lenz, der hastig sprossen will;
7	Die Freundschaft blond, in sanften Farben blühend,
8	Und wie die Sommernacht so mild und still;
9	Die Lieb’ ein brausend Meer, wo im Gewimmel
10	Vieltausendfältig Wog’ an Woge schlägt;
11	Freundschaft ein tiefer Bergsee, der den Himmel
12	Klar wiederspiegelnd in den Fluten trägt.
13	Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,
14	Die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht
15	Die Liebe will erwerben und besitzen,
16	Die Feundschaft opfert, doch sie fordert nicht.
17	Doch dreimal selig, dreimal hoch zu preisen
18	Das Herz, wo Beide freundlich eingekehrt,
19	Und wo die Glut der Rose nicht dem leisen
20	Geheimnißvollen Blühn der Lilie wehrt!

Details zum Gedicht „Die beiden Engel“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die beiden Engel“ wurde von Emanuel Geibel geschrieben, einem deutschen Lyriker und Dramatiker des 19. Jahrhunderts. Geibel war eine wichtige literarische Figur des Biedermeier und der Spätromantik und sein Werk ist in diesem Kontext zu betrachten.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass es von zwei Engeln handelt, die als Metaphern für Liebe und Freundschaft dargestellt werden. Der Ton ist romantisch und nachdenklich, voller Symbolik und emotionaler Bilder.

Das Gedicht besteht aus fünf vierzeiligen Strophen und das lyrische Ich spricht den Leser direkt an, indem es sein Herz direkt anspricht und fragt, ob es diese beiden himmlischen Wesen kennt - den Engel der Liebe und den Engel der Freundschaft. Jede der beiden Figuren wird detailliert beschrieben, wobei Eigenschaften und Merkmale des jeweiligen Engels mit den typischen Attributen der Liebe und der Freundschaft gleichgesetzt werden. Dabei wird die Liebe als impulsiv, dynamisch und wild dargestellt, die Freundschaft hingegen als sanft, ruhig und beständig.

Es wird betont, dass sowohl die Liebe als auch die Freundschaft ihren eigenen Wert haben, ihre eigene Einzigartigkeit und ihren eigenen Platz im menschlichen Herzen. Das Ideal ist jedoch ein Herz, in dem sowohl Liebe als auch Freundschaft Vereinigung finden - ein Zustand, der als besonders glücklich angesehen wird.

In sprachlicher Hinsicht zeichnet sich das Gedicht durch seine reiche Imaginative Sprache und seine poetischen Vergleiche aus. Außerdem verwendet Geibel ein regelmäßiges Reimschema, was zur Klarheit und zur allgemeinen Lesbarkeit des Gedichts beiträgt. Die Verwendung von Vers und Reim durch den Autor verstärkt die rhythmische Qualität des Textes und trägt zur Schaffung einer Atmosphäre der Harmonie und des Einklangs bei.

Insgesamt kann man sagen, dass Geibels „Die beiden Engel“ ein tiefsinniges und berührendes Gedicht ist, das auf eindrucksvolle Weise die Natur und den Wert von Liebe und Freundschaft darstellt. Es ist ein Werk, das den Geist der romantischen Poesie einfängt, aber gleichzeitig auch zeitlose Themen aufgreift, die für viele Menschen immer noch von Bedeutung sind.

Weitere Informationen

Emanuel Geibel ist der Autor des Gedichtes „Die beiden Engel“. Geboren wurde Geibel im Jahr 1815 in Lübeck. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1873 zurück. Der Erscheinungsort ist Stuttgart (Cotta). Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 128 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Die Gedichte „Liebesglück“, „Herbstlich sonnige Tage“ und „An Georg Herwegh“ sind weitere Werke des Autors Emanuel Geibel. Zum Autor des Gedichtes „Die beiden Engel“ haben wir auf abi-pur.de weitere 67 Gedichte veröffentlicht.

Weitere Gedichte des Autors Emanuel Geibel (Infos zum Autor)

• Zu spät
• Es brach schon manch ein starkes Herz
• Nun die Schatten dunkeln
• Die stille Wasserrose
• Mahnung
• Liebesglück
• Herbstlich sonnige Tage
• An Georg Herwegh
• Mittagszauber
• Hoffnung

Zum Autor Emanuel Geibel sind auf abi-pur.de 67 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.