Auf die eingebildete Rosilis von Christiana Mariana von Ziegler
1 |
Die stoltze Rosilis trägt stets den Kopf empor, |
2 |
Und schwatzt der gantzen Welt von ihren Ahnen vor, |
3 |
Die müsten, dencket sie, nur bloß die Damen ziehren, |
4 |
Doch läst kein Ritter sich durch den Gesang verführen. |
5 |
Warum? die Sitten seynd zu schlecht, wie man erblickt, |
6 |
Der Hochmuth, der sie fast zur Erden niederdrückt |
7 |
Vergönnt ihr dennoch nicht ein einges Knie zu beugen, |
8 |
Wenn man durch Grüssen ihr will Höflichkeit erzeigen. |
9 |
Sie tritt, nach Pfauen Art, rümpfft ihren Mund darbey, |
10 |
Und thut als ob sie selbst des Mogols Tochter sey. |
11 |
Wer nicht viel Ahnen zehlt, den pflegt sie zu verlachen |
12 |
Als könten sie nur bloß das Spiel gewinnend machen. |
13 |
Viel Ahnen, wenig Geld, von Witz und Klugheit bloß, |
14 |
Und auch an Tugend arm, klingt, dünckt mich, nicht recht groß. |
15 |
Bethörte Rosilis, es ist bereits entdecket, |
16 |
Wie weit dein Staat und auch sein Blendwerck sich erstrecket. |
17 |
Ein hundert Güldgen seynd und diese kaum zur Noth, |
18 |
Dein gantzes Erb und Gut; ein kleines Stückgen Brod! |
19 |
Die Freyer pflegen sich nicht sehr darum zu reissen, |
20 |
Denn obgleich Crito scheint dein Spaß-Galan zu heissen. |
21 |
Dieweil du dir um ihn recht grosse Mühe giebst, |
22 |
Und ihn, wie man an dir verspührt, recht ängstlich liebst, |
23 |
So dürffte selbger doch, wohl schwerlich sich bequemen, |
24 |
Der Ahnen Meng und Wust statt Mit-Gifft anzunehmen. |
25 |
Gesetzt, daß dein Geschlecht gar nicht zu tadeln ist / |
26 |
So fragt es sich darbey, ob du es würdig bist? |
27 |
Verstand und Tugend muß dem Adel Glantz und Leben, |
28 |
Wofern er soll der Welt ins Auge schimmern, geben. |
29 |
Da man diß aber nicht an dir erblicken kan, |
30 |
So bist du, Rosilis, wahrhafftig übel dran. |
31 |
Wilst du gefällig seyn, so ändre dein Beginnen, |
32 |
Durch Hochmuth läst sich nicht der Menschen Gunst gewinnen. |
Details zum Gedicht „Auf die eingebildete Rosilis“
1
32
283
1695 - 1760
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Die Autorin des Gedichtes „Auf die eingebildete Rosilis“ ist Christiana Mariana von Ziegler. Ziegler wurde im Jahr 1695 in Leipzig geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1760 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Aufklärung zugeordnet werden. Bei der Schriftstellerin Ziegler handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 283 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 32 Versen. Christiana Mariana von Ziegler ist auch die Autorin für das Gedicht „Antwort auf die vorhergehende Ode“, „Unbillige Verfolgung hat öfters eine gute Wirkung“ und „Auf die scheinheilige Lisette“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Auf die eingebildete Rosilis“ weitere 121 Gedichte vor.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Weitere Gedichte des Autors Christiana Mariana von Ziegler (Infos zum Autor)
- Antwort auf die vorhergehende Ode
- Unbillige Verfolgung hat öfters eine gute Wirkung
- Auf die scheinheilige Lisette
- Auf das Absterben seines Hündgens
- Bey einem Hochzeit-Geschencke
- Als eine betagte Jungfer einen jungen Mann heyrathete
- Auf den Geburths-Tag eines guten Freundes
- Auf den krancken Livio
- Damons Antwort-Schreiben an die hochmüthige Marillis
- Auf den sich klug dünckenden Nympsius
Zum Autor Christiana Mariana von Ziegler sind auf abi-pur.de 121 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt