Mondmüde von Otto Julius Bierbaum

Der Mond, die große grelle Diebslaterne,
Der silberne Totenschädel der Nacht: Der Mond,
Ein abgewetzter Knopf am schwarzen Schlafrock
Des lieben Gottes, dessen Kredit so sank,
Daß er sich keinen neuen leisten kann:
Der Mond, das lächerlichste aller Requisiten
Im lyrischen Kasperletheater, scheint
So niederträchtig hell heut, naseweis,
Aufdringlich und fürwitzig, daß ich ihm
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Noch einen Schelmennamen geben muß:
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Ohrfeigengesicht des Himmels.
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Dies getan,
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Schließ ich die Läden meines Fensters fest,
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So fest zu, daß auch nicht der kleinste Spritzer
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Von seinem Katzensilber mich erreicht.
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Und samtenes Schwarz, die heilige Unfarbe
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Der tiefsten Ruhe, senkt sich über mich
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Gleich mohnduftdumpfem Staub von Schmetterlingen
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Der ewigen Nirwana. - Welt, schlaf wohl!
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Bald schnarch ich wie ein alter Dudelsack
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Und träum von meinen Feinden, wie sie schwitzend
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Am Backherd stehn und Gallpasteten machen:
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Fünf Zehntel Neid, drei Zehntel Unverstand,
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Zwei Zehntel Bosheit - aber alles hübsch
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Mit Cochenille rot gefärbt: Charmant!
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Mischt, färbt, backt, schwitzt nur, Liebliche - ich schenk euch
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Zum Lohn den Mond. Und ich bestimme: tragt
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Am Hals mir ihn gleich einer Hundemarke!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Mondmüde“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
174
Entstehungsjahr
1865 - 1910
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mondmüde“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Otto Julius Bierbaum. Im Jahr 1865 wurde Bierbaum in Grünberg in Niederschlesien geboren. In der Zeit von 1881 bis 1910 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 174 Worte. Der Dichter Otto Julius Bierbaum ist auch der Autor für Gedichte wie „Fortuna heißt mein Schiff“, „Meines Vaters Uhr“ und „Reimkarussell“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Mondmüde“ weitere 354 Gedichte vor.

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