An Frau Milderhauptmann, bei Gelegenheit der zweiten Aufführung des Fidelio in Berlin von Clemens Brentano

Hast du das Leben als Theaterproben
Vielleicht erkannt; dann freilich scheint dir matt
Der bretterne Triumph, zu gut zum Loben
Bist du dann wohl des Erdenbeifalls satt;
Nicht hilft dir's, wird der Vorhang dort gehoben,
Daß man dich hier herausgerufen hat;
Hier gilt heraus, dort gilt herein gerufen,
Diesseit'ge Gipfel sind jenseit'ge Stufen.
 
Drum zürne nicht, mein Lob geht dich nichts an,
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Es mag dir wohl gefallen oder schlecht,
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Nicht was du selbst, was Gott an dir getan,
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Das rührte mich so tief, das war mir recht.
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Der Himmel weiß, ich bin nicht untertan
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Dem trillernden agierenden Geschlecht,
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Ich muß die meisten lauter Schuld beschuld'gen
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Um deines Genius Zucht und Huld zu huld'gen.
 
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Bisarrheit wär' Pizarro der Tyrann,
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Der uns Beethoven, Herrn der tiefern Kunst,
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Gefangen hielte gleich dem Florestan?
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Nein Schlendrian und Neid um Brettergunst
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Verdrängten ihn; doch alten Leierbann
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Brach nicht vergebens seine heil'ge Brunst;
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Dir Fesseln und der Menge Taubheit springen,
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Sie hört ihn milder als Fidelio singen.
 
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Wem so sein Lied aus milder Brust erklingt,
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Wär's nur ein Trostquell, der aus Kerkerswand
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Der Zeit durch milder Muse Zauber springt
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Dess' Durst kredenzet milder Engel Hand,
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Den Becher, daß er selig Töne trinkt,
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Ich sage selig, weil er an dem Rand
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Des Klangpokals mit Lust berührt die Stelle,
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Wo milder Huldin Lippe zutrank Trostes Quelle.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.3 KB)

Details zum Gedicht „An Frau Milderhauptmann, bei Gelegenheit der zweiten Aufführung des Fidelio in Berlin“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
218
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „An Frau Milderhauptmann, bei Gelegenheit der zweiten Aufführung des Fidelio in Berlin“ ist Clemens Brentano. Brentano wurde im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Philosophie und Musik spürbar. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Natur und Geist. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 218 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Clemens Brentano sind „Als Herr Künzel neulich bat“, „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ und „Ihr himmlischen Fernen“. Zum Autor des Gedichtes „An Frau Milderhauptmann, bei Gelegenheit der zweiten Aufführung des Fidelio in Berlin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 297 Gedichte vor.

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