Abendlied von Johann Christian Günther
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Der Feyerabend ist gemacht, |
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Die Arbeit schläft, der Traum erwacht, |
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Die Sonne führt die Pferde trincken; |
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Der Erdkreiß wandert zu der Ruh, |
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Die Nacht drückt ihm die Augen zu, |
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Die schon dem süßen Schlafe wincken. |
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Ich, Schöpfer, deine Creatur, |
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Bekenne, daß ich auf der Spur |
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Der Sünder diesen Tag gewandelt; |
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Ich habe dein Verboth verlezt, |
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Mich dir in allem widersezt |
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Und wider meine Pflicht gehandelt. |
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Doch weil ein Quintchen Vaterhuld |
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Viel tausend Centner meiner Schuld |
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Durch dein Erbarmen überwieget, |
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So gieb Genade vor das Recht |
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Und zürne nicht auf deinen Knecht, |
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Der sich an deinen Füßen schmieget. |
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Der Beichte folgt das Gnadenwort: |
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Steh auf, mein Sohn, und wandre fort, |
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Die Mißethat ist dir erlaßen. |
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Drum kan mein Glaube ganz getrost, |
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Ist Welt und Satan schon erbost, |
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Bey deiner Warheit Ancker faßen. |
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Mein Abendopfer ist ein Lied, |
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Das dir zu dancken sich bemüht, |
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Die Brust entzündet Andachtskerzen; |
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Gefällt dir dieser Brandaltar, |
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So mache die Verheißung wahr: |
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Gott heilet die zerschlagne Herzen. |
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Du bester Anwalt, Jesu Christ, |
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Der in den Schwachen mächtig ist, |
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Komm und vollführe meine Sache! |
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Beweise, daß dein theures Blut, |
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Was ich verbrochen, wieder gut |
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Und auch die Sünder seelig mache. |
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Du Geist der Warheit, breite dich |
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Mit deinen Gaben über mich; |
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Dein Wort sey meines Fußes Leuchte. |
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Vergönne mir dein Gnadenlicht |
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Auf meinen Wegen, daß ich nicht |
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Mir selber zur Verdammnüß leuchte. |
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Herr, deine Hand sey mein Panier, |
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Dein Antliz aber zeige mir |
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Auch in dem Traume mein Vergnügen. |
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Die Einsamkeit betrübt den Geist, |
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Doch, wo du meine Seite schleust, |
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So darf ich nicht alleine liegen. |
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Das müde Haupt sinckt auf den Pfiehl, |
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Doch wo ich ruhig schlafen will, |
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So muß ich deinen Engel bitten; |
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Der kan durch seine starcke Wacht |
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Mich vor dem Ungethüm der Nacht |
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Um meine Lagerstatt behüten. |
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Soll mir der Pfiehl ein Leichenstein, |
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Der Schlaf ein Schlaf zum Tode seyn, |
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Ja, soll das Bette mich begraben, |
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So las den Leichnahm in der Gruft, |
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Bis ihn die lezte Stimme ruft, |
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Den Geist im Himmel Friede haben. |
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Will aber deine Gütigkeit, |
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Die alle Morgen sich verneut, |
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Mir heute noch das Leben borgen, |
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So wecke zeitlich mich darauf, |
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Nicht aber durch ein Unglück, auf |
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Und las mich vor das Dancklied sorgen. |
Details zum Gedicht „Abendlied“
Johann Christian Günther
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66
364
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „Abendlied“. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Zeitepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei Abschnitte unterteilen: Spät-, Hoch- und Frühbarock. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlebte Deutschland einen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verfall. Etwa ein Drittel der Bevölkerung kam in jener Zeit ums Leben. Dafür waren nicht etwa hohe Kriegsverluste verantwortlich, sondern das Wüten der Pest in fast allen Städten des Deutschen Reiches. Speziell Pest und Krieg in der Literaturepoche des Barocks zeigen auch ein gewichtiges Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Tod und Elend, zum anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die normale Bevölkerung in Armut, während Adelige einen verschwenderischen Lebensstil bevorzugten. Unter den Literaturgattungen erfuhren die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Schriftsteller der Renaissance vorwiegend auf Latein, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke schrieben, bemühte man sich nun, sich dem Deutschen zu widmen. Im Barock war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Fürstenhuldigung. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Dichter für Beerdigungen, Taufen oder Hochzeiten. Die Lyrik im Barock wird daher auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.
Das Gedicht besteht aus 66 Versen mit insgesamt 11 Strophen und umfasst dabei 364 Worte. Die Gedichte „Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg- und Nahmenfest“, „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“ und „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Günther. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Abendlied“ weitere 264 Gedichte vor.
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Zum Autor Johann Christian Günther sind auf abi-pur.de 264 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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