Wozu es wird von Johann Gottfried Herder

Ein Himmelstropfe sank ins Meer;
Schnell schwamm die Perlenmutter her
Und trank ihn auf. Das Tröpfchen Thau
Ward eine Perle, silbergrau.
 
Ein ganzer Himmelsregen schwamm
Auf eines faulen Baumes Stamm,
Der gierig ein ihn schlang.
Was ward daraus? Aus ihm entsprang
Ein gelber, gift'ger Schwamm.
 
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Der Himmelstropfe ist das Evangelium;
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Der Himmelsregen ist das weite Christenthum;
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Es ist mit seiner stillen Pracht,
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Wozu es wird, wozu man's macht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Wozu es wird“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
68
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter der Aufklärung und Frühromantik, welche vom 18. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts andauerte.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von Naturbildern und dessen Transformationen. Der Himmelstropfen, der im Meer zu einer Perle wird, und der Himmelsregen, der auf einem Baum zu einem giftigen Schwamm wird, zeigen deutlich die Bedeutung des Kontextes und der Umgebung für die Entwicklung und das Endresultat einer Sache.

Inhaltlich geht es im Gedicht um die Transformation einzelner Ereignisse abhängig von dem Kontext in den sie fallen und wie man sie nutzt bzw. aufnimmt. In der ersten Strophe wird ein Himmelstropfen vom Meer aufgenommen und wird zur Perle - etwas Wertvolles und Schönes. In der zweiten Strophe nimmt ein fauler Baum den Regen auf und das Resultat ist ein giftiger Schwamm - etwas Schädliches. In der dritten Strophe benennt das lyrische Ich diese Tropfen bzw. den Regen als Evangelium bzw. Christentum. Ihr Potenzial und ihre Wirkung hängen davon ab, wozu sie werden bzw. wozu man sie macht. So kann aus dem Evangelium und dem Christentum etwas Wertvolles und Schönes oder aber etwas Schädliches entstehen, je nachdem wie sie aufgenommen und umgesetzt werden.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils vier bzw. fünf Versen. Es ist kein Reimschema erkennbar, da nur in der ersten und zweiten Strophe die ersten beiden und letzten beiden Verse jeweils miteinander reimen. Die Sprache des Gedichts ist klar und unverschnörkelt. Herder verwendet einfache, konkrete Bilder und Metaphern, die leicht verständlich sind, aber eine tiefe, philosophische Bedeutung haben.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Herder in seinem Gedicht die Wichtigkeit des Kontexts und der Interpretation hervorheben will. Alles kann in etwas Wertvolles oder Schädliches verwandelt werden, je nachdem, wie es aufgenommen und umgesetzt wird.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Wozu es wird“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1760 bis 1803 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Auflehnen gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Schiller, Goethe und natürlich die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Literaturepoche der Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Bedeutende Vertreter dieser Literaturepoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise im Jahr 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod im Jahr 1832 ihr Ende nahm. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind oftmals verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. Menschlichkeit, Toleranz und Übereinstimmung von Mensch und Natur, von Individuum und Gesellschaft sind die Ideale der Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige sowie der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Goethe, Schiller, Herder und Wieland können als die Hauptvertreter der Klassik betrachtet werden. Aber nur Goethe und Schiller inspirierten und motivierten einander durch eine enge Zusammenarbeit und wechselseitige Kritik.

Das Gedicht besteht aus 13 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 68 Worte. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“. Zum Autor des Gedichtes „Wozu es wird“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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