Der Falke von Achim von Arnim

Wär ich ein wilder Falke,
Ich wollt mich schwingen auf,
Und wollt mich niederlassen
Vor meines Grafen Haus.
 
Und wollt mit starken Flügel,
Da schlagen an Liebchens Thür,
Daß springen sollt der Riegel,
Mein Liebchen trät herfür.
 
»Hörst du die Schlüssel klingen,
10 
Dein Mutter ist nicht weit,
11 
So zieh mit mir von hinnen
12 
Wohl über die Heide breit.«
 
13 
Und wollt in ihrem Nacken
14 
Die goldnen Flechten schön
15 
Mit wilden Schnabel packen,
16 
Sie tragen zu dieser Höhn.
 
17 
Ja wohl zu dieser Höhen,
18 
Hier wär ein schönes Nest,
19 
Wie ist mir doch geschehen,
20 
Daß ich gesetzet fest.
 
21 
Ja trüg ich sie im Fluge,
22 
Mich schöß der Graf nicht todt,
23 
Sein Töchterlein zum Fluche,
24 
Das fiele sich ja todt.
 
25 
So aber sind die Schwingen
26 
Mir allesamt gelähmt,
27 
Wie hell ich ihr auch singe,
28 
Mein Liebchen sich doch schämt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Falke“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
135
Entstehungsjahr
1806
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Falke“ wurde von Achim von Arnim verfasst, einem deutschen Dichter des frühen 19. Jahrhunderts, der insbesondere für seine romantischen Verse bekannt ist. Von Arnims Leben und Karriere fällt weitgehend in die Epoche der Romantik (ca. 1800-1850).

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht als ein lebendiges Bild eines Falken, der sich in der Luft bewegt, allerdings mit einem stark romantischen Unterton. Der Sprecher, das lyrische Ich, drückt den Wunsch aus, ein Falke zu sein, der durch die Lüfte fliegt und sich vor dem Haus seines Grafen niederlässt, offensichtlich, um die Aufmerksamkeit der Dame des Hauses auf sich zu ziehen.

Das lyrische Ich identifiziert sich in seiner Sehnsucht nach der unerreichbaren Liebe als ein Falke. Dabei exprimiert es die Befreiung und den starken Wunsch, seine Geliebte zu erreichen. In seiner Phantasie spielt sich das lyrische Ich durch, wie es mit starken Flügeln an der Türe der Geliebten anklopfen und sie aus dem alltäglichen Leben ihrer Mutter entführen würde. Der lyrische Ich schwingt zwischen Hoffnung und Entmutigung, wünscht in Strophe 4 und 5, seine Geliebte befreien zu können, und die goldnen Flechten ihres Haares zu seiner Höhe zu tragen. In Strophe 6 jedoch spricht er von der Grausamkeit des Grafen, des Vaters der Geliebten, der ihn töten würde, sobald er sie entführen wollte. Daher bleiben die Flügel des lyrischen Ichs in der letzten Strophe gelähmt, trotz des lichten Gesanges.

Die Form des Gedichts ist ein siebenstrophiges Gedicht mit jeweils vier Versen. Das konsequente Metrum mit den vier Versen sorgt für eine gleichmäßige und fließende Rhythmik, die an das Fliegen und Schwingen des Falken erinnert. Die direkte und bildhafte Sprache Aryans schafft ein lebendiges Bild von dem mutigen, kraftvollen und doch gehemmten Falken – ein geeignetes Symbol für die unerwiderte und unerreichbare Liebe. Dabei werden emotionale Zustände wie Liebe, Sehnsucht und Angst ebenso anschaulich und einfühlsam dargestellt. Der emotionale Ausdruck wird durch eine Fülle von intensiven Bildern unterstrichen, wie die „goldnen Flechten“, der „wilde Schnabel“, die „fliegenden Schwingen“, die „helle Singstimme“, etc.

Schließlich ergibt sich aus dem Gedicht eine melancholische Stimmung, die durch die unausgesprochene Liebesgeschichte und die empfindliche Schönheit des Falken hervorgerufen wird, der, obwohl machtvoll und stolz, der alles überschatten sollenden elterlichen Autorität gegenübersteht.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Falke“ ist Achim von Arnim. Geboren wurde Arnim im Jahr 1781 in Berlin. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1806. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Arnim ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte verschiedenste Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 135 Worte. Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Fastnacht“, „Des ersten Bergmanns ewige Jugend“ und „Ehe“. Zum Autor des Gedichtes „Der Falke“ haben wir auf abi-pur.de weitere 173 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Achim von Arnim

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Achim von Arnim und seinem Gedicht „Der Falke“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Achim von Arnim (Infos zum Autor)

Zum Autor Achim von Arnim sind auf abi-pur.de 173 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.