Der welke Kranz von Wilhelm Hertz

Auf der Heide ist ein Platz,
Wo im Mai mein schöner Schatz
Einmal bei mir saß.
Hinterm Busch die Amsel rief,
Wilde Rosen hingen tief
Ins betaute Gras.
 
Leise sprach er, und ich wand
Einen Kranz mit scheuer Hand,
Blickte bang zu Thal.
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Aber näher neigt' er sich,
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Hob mein Haupt und küßte mich,
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Ach, zum erstenmal!
 
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O wie war der Tag so licht!
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Und ich Arme wehrt' ihm nicht,
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Ließ es still geschehn.
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Doch den Kranz in trunk'nem Traum
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Hängt' ich an den Fliederbaum,
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Der uns zugesehn.
 
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Erste Lieb', du gehst vorbei
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Schneller als ein Sturm im Mai,
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Bleibst kein treuer Gast:
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Ach, mein Schatz ist lange fort,
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Und mein Kränzlein hängt verdorrt
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An dem grünen Ast.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Der welke Kranz“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
118
Entstehungsjahr
1835 - 1902
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der welke Kranz“ ist von Wilhelm Hertz, einem deutsch-französischen Schriftsteller, der zwischen 1835 und 1902 lebte. Er bewegte sich in etwa in der Zeitspanne des Realismus und Naturalismus, jedoch lassen sich seine Literatur nicht exakt einordnen.

Das Gedicht schildert auf den ersten Eindruck nostalgisch und melancholisch eine vergangene Liebesbeziehung. Es besteht aus vier Strophen mit je sechs Versen. Jede Strophe erzählt eine eigene Episode aus der Beziehung, beginnend mit dem ersten Treffen im Mai bis hin zum heutigen Zustand der Liebe.

In der ersten Strophe erinnert sich das lyrische Ich an die gemeinsam verbrachte Zeit mit ihrem geliebten Schatz auf der Heide, unter einem Busch mit den darauf hängenden wilden Rosen. Es ist Mai und Frühling, eine Zeit des Neuanfangs und der Frische. In der zweiten Strophe spricht sie davon, wie sie einen Kanz für ihren Geliebten flocht, während er ihr näher kam und sie zum ersten Mal küsste. Ihre gemeinsame Zeit war erfüllt von Zuneigung und Romantik. Ihre Erinnerungen sind jedoch geprägt von einer Mischung aus Schüchternheit und Angst, die durch ihre „scheue Hand“ und den „bangen Blick“ zum Ausdruck kommen.

In der dritten Strophe schildert sie weiterhin, wie sie den Kranz, den sie in ihrer betrunkenen Liebe hergestellt hatte, auf einen Fliederbaum gehängt hatte, der gesehen hatte, was zwischen ihnen geschah. In der letzten Strophe vergleicht das lyrische Ich ihre vorübergehende und flüchtige erste Liebe mit einem Sturm im Mai und spricht der Liebe im Nachhinein ihre Treue ab. Der Kranz ist jetzt welk und hängt noch immer am grünen Ast.

Die Form des Gedichts ist klar und klassisch, mit sechs Versen pro Strophe. Der Gleichklang ist cross-rhymed und oft in einer abcb-Form präsentiert. Dies hilft, den Fluss des Gedichts zu fördern und den Fokus auf die Bedeutung der Wörter und die Bilder, die sie hervorrufen, zu lenken.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und unprätentiös, und doch schafft sie es, lebendige und emotionale Bilder zu vermitteln. Sie erzeugt eine Atmosphäre der Melancholie und des Verlusts: die Jugendliebe, die verschwunden ist und nur noch in der Erinnerung existiert. Trotz des melancholischen Themas wird das Gedicht nie zu sentimental oder kitschig. Es ist stattdessen stark und dennoch zart, genau wie das lyrische Ich, das seine Liebe, seinen Verlust und seinen Schmerz konfrontiert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der welke Kranz“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Wilhelm Hertz. Hertz wurde im Jahr 1835 in Stuttgart geboren. In der Zeit von 1851 bis 1902 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 118 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Der Dichter Wilhelm Hertz ist auch der Autor für Gedichte wie „Unter blühenden Bäumen“, „Begegnung“ und „Herbsthimmel“. Zum Autor des Gedichtes „Der welke Kranz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 11 Gedichte vor.

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