Wir wandeln hier in Finsternissen von Ernst Moritz Arndt

Wir wandeln hier in Finsternissen
Und schaun vergebens nach dem Licht;
Nicht trösten mag uns, was wir wissen
Und was wir können, helfen nicht:
So wickelt ewig auf und ab
Sich Labyrinth aus Labyrinthen,
Und heute sehen wir verschwinden,
Was gestern süße Täuschung gab.
 
Doch liebt der Stolze seine Irre,
10 
Der Eitle seinen Lügenschein
11 
Und wirret in das Truggewirre
12 
Sich jede Stunde fester ein,
13 
Verschmäht die Wahrheit für Gedicht,
14 
Verschmäht die Flamme für den Schimmer,
15 
Und hascht und sucht und findet immer,
16 
Doch ach! sich selber find't er nicht.
 
17 
O du, durch den die Sonnen brennen
18 
Und leuchtend durch die Himmel gehn,
19 
Gott, lehre du mich selbst erkennen
20 
Und meiner Künste Lug verstehn,
21 
O hebe dein demütig Kind
22 
Empor mit deinen Liebesarmen
23 
Und laß sein Herz in dir erwarmen,
24 
Vor dem die Engel Stammler sind.
 
25 
Aus deines Lichtes reichem Meere
26 
Floß einst ein einziger Tropfen aus
27 
Und zündete die Sternenheere
28 
Und Lampen all im Himmelshaus
29 
O einen Funken nur für mich!
30 
Nur einen Schimmer von dem Glanze!
31 
Und droben in dem Sternentanze
32 
Mit allen Seligen preis' ich dich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Wir wandeln hier in Finsternissen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
178
Entstehungsjahr
1769 - 1860
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wir wandeln hier in Finsternissen“ stammt von Ernst Moritz Arndt, einem deutschen Schriftsteller, Historiker, Freiheitskämpfer und Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung, der von 1769 bis 1860 lebte. Arndt war eine zentrale Figur in der Zeit der Befreiungskriege und stark von der deutschen Romantik beeinflusst.

Beim ersten Lesen kommt ein Gefühl der Verwirrung und Orientierungslosigkeit zum Vorschein. Das lyrische Ich scheint sich in einer Welt der Unwissenheit, Täuschung und Selbsttäuschung zu befinden und ist auf der Suche nach Wahrheit und Licht.

Inhaltlich setzt sich das Gedicht mit der menschlichen Existenz auseinander. Es werden Themen wie Ignoranz, Arroganz und Selbstbetrug aufgegriffen. Das lyrische Ich beklagt die Schwierigkeit der Menschen, die Wahrheit zu erkennen und zu akzeptieren. Stattdessen leben sie in einer Welt voller Lügen und Täuschungen, die sie selbst schaffen und bevorzugen. Hierbei scheint das lyrische Ich den Wunsch zu äußern, diesem Teufelskreis der Selbsttäuschung zu entkommen und die Wahrheit zu finden.

In den letzten beiden Strophen wird ein deutlich religiöser Ton angeschlagen, der auf Arndts tiefen christlichen Glauben hinweist. Er ruft Gott an, ihm zu helfen, sich selbst und seine Fehler zu erkennen. Dabei stellt er Menschen als demütige Kreaturen dar, die Gottes Liebe und Hilfe bedürfen, um wahrhaftig zu leben.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen, jede mit acht Versen. Diese strenge Struktur spiegelt möglicherweise das Bedürfnis des lyrischen Ichs nach Ordnung und Verständnis in einer verwirrenden und verworrenen Welt wider.

Die Sprache des Gedichts ist deutlich und einfach, aber dennoch bildreich und metaphorisch. So stehen etwa „Finsternissen“, „Labyrinth“ und „Lug“ für Unwissenheit, Verwirrung und Selbsttäuschung, während „Licht“, „Sonne“ und „Flamme“ Wahrheit, Erkenntnis und göttliche Liebe symbolisieren.

Insgesamt zeichnet Arndt in seinem Gedicht ein Bild der menschlichen Existenz als eine Reise durch Dunkelheit und Verwirrung, auf der der Einzelne ständig nach Wahrheit und Erkenntnis sucht. Diese Suche kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn man bereit ist, sich selbst, seine Irrtümer und Selbsttäuschungen zu erkennen und Gottes Hilfe anzunehmen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Wir wandeln hier in Finsternissen“ des Autors Ernst Moritz Arndt. Geboren wurde Arndt im Jahr 1769 in Groß Schoritz (Rügen). Das Gedicht ist in der Zeit von 1785 bis 1860 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 178 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere Werke des Dichters Ernst Moritz Arndt sind „Die Zaunranke und der Klee“, „Elegie“ und „Die Biene und der Lenz“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Wir wandeln hier in Finsternissen“ weitere 285 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt (Infos zum Autor)

Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.