Sirenenlied von Alexis Aar

Komm, lenke den Kahn in die Felsbucht ein,
Verlaß die Fluten, die feuchten!
Schau, wie im buhlenden Vollmondschein
So schneeig die Schultern mir leuchten!
Von Kälte durchfröstelt, vom Schaume durchnäßt,
Komm, birg dich in meinen Armen:
Wenn heiß du an's Herze dich drücken läßt,
Sollst schauernd vor Lust du erwarmen.
 
Was fliehst du, Betrogner? O kehre, zurück!
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Bald sind dir die Träume zerronnen!
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Es gibt auf Erden kein himmlisches Glück,
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Es gibt nur irdische Wonnen!
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So blaß ist das Leben, so öde die Brust,
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Die Tage der Jugend verrauschen.
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O wag' es, mit kurzer, bestrickender Lust
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Dies schleppende Sein zu vertauschen!
 
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Was graut dir? Ahnst du bei mir den Tod?
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Den findest du allerwegen!
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Er tritt dir, begleitet von Trübsal und Noth,
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Im Kampf und im Siege entgegen!
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Das Leben ist Trug, das Leben ist Schein,
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Es wird dir im Traume zerfließen:
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Ich bette dich weich und wiege dich ein,
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So kannst du noch sterbend genießen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Sirenenlied“

Autor
Alexis Aar
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
156
Entstehungsjahr
1853 - 1916
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Sirenenlied“ und stammt vom Autor Alexis Aar (* 1853, † 1916). Es lässt sich somit in die Epoche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts einordnen, eine Zeit, in der unter anderem der Realismus und Symbolismus in der Lyrik vorherrschend waren.

Bei einer ersten Betrachtung fällt die sinnliche und überwältigende Sprache auf, die eine lüsterne und verlockende Atmosphäre erzeugt. Zusätzlich wird dem Leser durch die Personifizierung der Sirene ein Bild von starkem Verlangen und Verführung präsentiert.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um das verführerische Auftreten einer Sirene, die - kenntlich durch die erste Person Einzahl - das lyrische Ich darstellt. Sie versucht, mit ihrer einladenden und verlockenden Stimme einen Seemann dazu zu bringen, sein stetiges und gleichmäßiges Leben auf See aufzugeben und sich ihr hinzugeben. Hierbei betont sie die Illusion des Lebens und die Unausweichlichkeit des Todes, während sie verheißt, ihm selbst im Tode Genuss zu ermöglichen.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit je acht Versen. Es folgt kein striktes Reimschema, jedoch findet sich in jeder Strophe ein Paarreim wieder. Der Rhythmus ist bestimmend für das Gedicht und gibt dem „Sirenenlied“ einen musikalischen und hypnotisierenden Charakter, was die Wirkung der Sirenenstimme bis in die Form des Gedichts selbst einbettet.

Was die Sprache und Wortwahl anbelangt, arbeitet Alexis Aar mit starken Bildern und Personifizierungen. Die Sprache ist sinnlich, verführerisch und temporeich. Sie nutzt zahlreiche Adjektive und Metaphern, welche die sinnlichen Reize und Täuschungen der Sirene unterstreichen. So erzeugt sie eine Atmosphäre der Verführung und des Verlangens, die zugleich Warnung und Verheißung ist und ihre tödliche Gefahr durch die Illusion von Lust und Genuss kaschiert.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Sirenenlied“ ist Alexis Aar. Geboren wurde Aar im Jahr 1853 in Radeberg (bei Dresden). Im Zeitraum zwischen 1869 und 1916 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 156 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Alexis Aar sind „Soldaten kommen“, „Studententraum“ und „Wilder Ritt“. Zum Autor des Gedichtes „Sirenenlied“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 10 Gedichte vor.

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