Giacometti, Alberto - ein schweizer Bildhauer, Maler und Grafiker

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Referat

Alberto Giacometti: Erst Surrealist, dann Realitätssucher


Kindheit und Jugend
Alberto Giacometti wird am 10. Oktober 1901 als Sohn von Giovanni und Annette Giacometti in Borgonovo bei Stampa, in der italienisch sprechenden Schweiz, geboren. Sein Vater ist der nachimpressionistische Maler Giovanni Giacometti. Alberto ist der älteste Sohn von vier Kindern. Sein ein Jahr jüngerer Bruder Diego wird später Kunsthandwerker und sich das Leben mit ihm in Paris teilen. Giovanni zeichnet den kleinen Giacometti und seine Geschwister oft in seinem Atelier, somit gehören zu seinen stärksten Kindheitserinnerungen der Geruch der Ölfarben im Atelier des Vaters in dem er selbst auch zeichnet. Bereits mit sechs Jahren malt Giacometti seine kleinen Geschwister und seine Mutter ab und mit 13 Jahren beginnt er die Köpfe seiner Brüder Diego und Bruno zu modellieren, außerdem kopiert er bekannte Kunstwerke. 1915, als er 14 ist besucht er vier Jahre lang ein evangelisches Internat und lernt zu seiner Muttersprache Italienisch, noch Englisch, Deutsch und Latein dazu. Er richtet sich dort in seinem Zimmer ein Atelier ein und zeichnet, malt und modelliert Abbilder seiner Mitschüler.

Er verlässt die Schule jedoch kurz vor dem Abitur aufgrund, wie vermutet wird, starker Empfindungen zu einem Internatsfreund, der ihm auch Modell stand. Mit 18 zieht er nach Genf und beginnt dort ein Kunststudium an der „Ecole des Beaux- Arts“ und an der „Ecole des Arts Industriels“. Ihm bereitet dort nur das Aktzeichnen Schwierigkeiten, da Giacometti nur das abzeichnen will, was ihn wirklich interessiert, nämlich die Füße des Modells. Er bildet sich kulturell weiter und reist mit 19 nach Venedig und Florenz und zieht schließlich nach Rom. Dort besucht er Museen, Opern und Konzerte und ist künstlerisch tätig, außerdem verliebt er sich in die 15-jährige Bianca. Vielleicht richtet er sich deshalb, um ihr zu imponieren, in Rom ein Atelier ein und modelliert eine Büste des Kopfes von ihr, die er aber aufgrund einer künstlerischen oder emotionalen Krise wieder zerstört. Er reist weiter durch Italien und sammelt Kunsteindrücke und begleitet schließlich Bianca in die Schweiz in eine Pension, wo sein sehnlichster Wunsch erfüllt wird: Er darf ihre Füße abzeichnen.

Im Frühjahr 1921 reist er nach Neapel, Paestum und Pompeji. Er macht die Bekanntschaft mit einem älteren holländischen Mitreisenden, der ihn im Herbst desselben Jahres zu einer gemeinsamen Reise nach Venedig einlädt. Jedoch stirbt van Meurs wenig später an Nierenstein-Koliken und der neunzehnjährige Giacometti wird die Agonie und die plötzliche Tatsache des Totseins nie vergessen und nie mehr ohne Licht schlafen. Nach einem Tag unter Polizeiaufsicht reist er am 6. September nach Venedig weiter. Durch dieses Erlebnis geprägt malt er Stilleben, Landschaften, Bildnisse und Selbstbildnisse in dunklen Tönen. 1922, mit 21 Jahren zieht er nach Paris und wohnt dort vorerst in einem Hotel, er wird dabei von seinem Vater finanziell unterstützt. Giacometti erhält dort Kunstunterricht an der „Academie de la Grande- Chaumiere“ und eignet sich die Technik an, die räumlichen Merkpunkte eines Modells mit Linien zu verbinden um damit eine größere Volumenwirkung zu erreichen.

1926 zieht er mit seinem Bruder Diego, der ihm als Modell und Gehilfe dient, in eine sehr kleine Atelier- Baracke in Paris, die weder Elektrizität, noch Heizung besitzt, in der er bis zu seinem Lebensende wohnen wird, obwohl er ursprünglich bald wieder ausziehen wollte. Er nimmt an weiteren Ausstellungen teil aber seinen Durchbruch brachte ihm erst die Werkreihe "Plattenskulpturen" 1929. Das Hauptwerk davon ist „Tête qui regarde“ (betrachtender Kopf). Giacometti hat diesen Formtyp in einer Reihe weiblicher Scheiben variiert.

Es ist kein Abbild sondern gibt ein inneres psychisches Empfinden wieder und durch Abflachungen entstehen auch Gipsplatten mit Eintiefungen, Wölbungen und Ritzspuren, die sie als Frau oder Mann charakterisieren lassen. Dabei werden auch surrealistische Konstruktionen durch aufrechte Gliederkonstruktionen eingeleitet, wie „Femme couchée qui rêve“ (träumende Frau) und „homme et femme“ (Mann und Frau). Mit der letzteren bricht die sexuelle Aggression als Hauptthema durch. Somit erhält er immer mehr Ansehen bei anderen Künstlern und begegnet André Masson, Joan Miró, Max Ernst und Pablo Picasso. Giacometti gehört mit seinen Werken und seiner Person zur Avantgarde (Begriffserklärung siehe unten) und der Kunsthändler Pierre Loeb stellt ihn deshalb unter Vertrag und Pierre vermittelt dessen Werke für einen bestimmten Monatsgehalt. Er nimmt an immer mehr Ausstellungen teil und seine Bekanntheit führt zu weiteren Aufträgen. Auch der Surrealist André Breton wird auf ihn aufmerksam und fordert Giacometti auf sich seiner Surrealisten-Gruppe anzuschließen was er auch tut und nun auch an ihren Ausstellungen teilnimmt.

Seine surrealistischen Skulpturen sind jetzt sexueller, aggressiver und meist phallische Objekte ohne Sockel, beispielsweise „Objet désagréable à jeter“ ( unangenehmer Gegenstand zum Wegwerfen),“Circuit“ (Kreislauf) und „Homme, Femme, Enfant“ (Mann, Frau, Kind). Daraufhin hat er 1932 seine erste Einzelausstellung. Picasso ist einer der ersten Besucher, was die Anerkennung zeigt die Giacometti nun schon erhält. Zu dem Thema der „sexuellen Aggresivität“ kommt die „Grausamkeit des Todes“ dazu, darunter die Werke „Pointe à l'oeil“ (Stachel ins Auge),“Femme égorgée“ (Frau mit durchschnittener Kehle),“la table surréaliste“ (surrealistischer Tisch) und „ Femme qui marche“ (schreitende Frau ). 1933 stirbt Giacomettis Vater, Giovanni Giacometti und es scheint, dass damit auch Giacomettis Interesse an surrealistischen Objekten erlischt. Seine letzten surrealistischen Werke „Objet invisible mais tenant le vide“ ( der unsichtbare Gegenstand- Hände die Leere halten) sind nach diesem Vorfall vom Todesgedanken bestimmt. Das Hauptwerk dazu ist eine als Grabfigur zu interpretierende Skulptur. Dies wird bei den Surrealisten als Verrat an der Avantgarde empfunden und André Breton wirft ihm die Abtrünnigkeit vom Surrealismus vor, daraufhin verlässt Giacometti den Breton-Kreis. Dies hat zur Folge, dass Giacometti die Verbindung zum Pariser Surrealismus verliert und damit auch viel Freunde.


Realitätssuche
Er arbeitet weiterhin an Kopfdarstellungen und freundet sich mit Sartre und Picasso an. Giacometti versucht nun aus Kleinformaten Personen so anzufertigen, wie er sie auch als kleine Partikel im Gesichtsfeld sieht. Picasso betrachtet das als das Ringen um einen ganz neuen Begriff der Skulptur, so wie auch er es um den Kubismus getan hat. Er will nicht exakt den Realismus anstreben, sondern er will das, was ein Maler mit Perspektivemitteln erreicht in der Skulptur wiedergeben und dabei kein Abbild anfertigen, sondern eine visuelle Erinnerung. Das heißt, er möchte die Figur aus der Entfernung darstellen, ohne dass diese dabei ihre Identität verliert. Also praktisch ein Erinnerungsbild der Raumferne. Dabei bringt er ein weiteres Stilmittel in die Skulptur: Die Distanz.

Das wird durch einen Quadersockel erreicht, der bedeutend größer als die kleinen Figuren ist. Seine nachfolgenden Modelle dienen ihm nur als Studien und sind nur so groß wie eine Kinderfaust, später wie eine Nuss. 1938, im selben Jahr, ereignet sich ein traumatischer Vorfall, den Giacometti selbst als einschneidendes Erlebnis in seinem Leben bezeichnet. Er wird von einem Auto angefahren und bricht seinen rechten Fuß. Eigentlich soll er sich nach dem Unfall schonen, was er aber nicht tut und seitdem hinkt, außerdem benutzt er von da an einen Stock. Der Krieg bricht 1939 aus und Alberto und sein Bruder fliehen 1940 mit anderen Flüchtlingen in den Süden Frankreichs, als die Deutschen in Paris einmarschieren. Dort erleben sie die Bombardierung der Stadt „Etampes“ und die Beschießung der Flüchtlinge. Von den Opfern und Leichenteilen, die Giacometti neben sich sieht, bleibt ihm vor allem ein verbrannter, stinkender Arm mit gespreizten Fingern in Erinnerung. Daraus geht das Werk „la main“ (die Hand) hervor.

1942 lebt er für einige Zeit in Genf und versucht weiterhin in der Perspektive gesehene Figuren und Köpfe anzufertigen. Im folgenden Jahr lernt er Annette Arm in einer Brasserie kennen mit der er während seiner Zeit in Genf eine Affäre hat. Nach der Befreiung von Paris 1944 kehrt er wieder in sein altes Atelier in Paris zurück, um das sich sein Bruder Diego gekümmert hat. Es kommt 1946 zu einer weiteren Stiländerung und zwar durch folgendes Ereignis:

Giacometti war im Kino und ihm ist dann plötzlich aufgefallen, dass das Publikum neben ihm und allgemein in der Wirklichkeit völlig unbekannt ist, wie verzaubert und distanziert in einem unreduzierbaren Raum. Ihm wird klar, dass der Mensch also völlig allein, einsam und verloren ist in der Welt, trotz Gesellschaft.

Daher ist das Ziel seiner modellierten Köpfe nicht mehr die perspektivische Erinnerung, sondern die Wiedergabe der gesehenen Wirklichkeit vor ihm: schmal im Sichtfeld, ohne Masse und Gewicht. Damit werden die winzigen Figuren zu langen, schmalen Figuren mit undeutlicher Anatomie aber genauen Proportionen und angedeuteten Köpfen. Die Oberfläche ist knorplig und an Details unscharf modelliert, wie man gut in „Stehende Frauen“ und „Schreitende Männer“ sehen kann. Die hohe Ausdruckskraft wird durch persönlichen Lebenserfahrungen aber auch durch die allgemeine Zeit des Krieges hervorgerufen. In diesem Jahr heiratet er auch Annette Arm und sie zieht zu ihm nach Paris um unter kargen Lebensumständen zu leben, sie müssen selbst das Geld für Essen von Freunden leihen. Später wohnen sie in einem Atelierraum, der neben dem ursprünglichen Atelier Giacomettis liegt. Annette dient ihm dort als Modell, vorerst für Akte. Es kommt zu vielen Ausstellungen der Werke Giacomettis in Amsterdam, New York, Paris, London, er wird auch aufgefordert auf der Biennale gemeinsam mit Henri Laurens auszustellen. Als er aber dort sieht, dass anstatt „Laurens“ der Künstler „Zadkinie“ den „Biennale- Skulpturenpreis“ erhalten soll, reist er wieder ab, da Laurens seiner Meinung nach den Preis verdient hat. In Ausstellungen der Kunst des 20. Jahrhunderts fehlen ab jetzt praktisch keine Werke Giacomettis mehr.

Ab 1954 wird er von dem Kunstsammler Thompson finanziell unterstützt. Dieser will die größte Giacometti-Sammlung haben und jedes Kunstwerk direkt von Giacometti abkaufen. Giacometti willigt ein im Jahr 1956 auf der Biennale in Venedig im französischen Bau auszustellen. Dafür bereitet er die Figurengruppe „Femme de Venise“ (Frauen von Venedig), bestehend aus 10 Figuren, vor, die eine Höhe von 1- 1.50m haben. Er betrachtet diese Auswahl nur als Studie und will nicht für den Skulpturenpreis kandidieren. Direkt nach der Biennale findet die erste Retrospektive-Ausstellung Giacomettis in Bern statt.


Ausstellungen und Werke
In seinen letzten Jahren zwischen 1955 und 1966 erhält er den „Preis für Bildhauerei“ bei der „Internationalen Ausstellung“ für zeitgenössische Malerei und Bildhauerei in Pittsburgh, den „Grossen Preis für Bildhauerei“ auf der „Biennale“ von Venedig und den „Internationalen Guggenheim-Preis“. Außerdem erhält er den „Grossen Kunstpreis von Paris“ und an der Universität Bern wird ihm der „Doktor honoris causa“ verliehen.

Es finden Ausstellungen in der „Pierre Matisse Gallery“ in New York, in der Galerie „Maeght“ in Paris, in der Galerie „Beyeler“ in Basel, im Kunsthaus Zürich, in der Galerie „Krugier“ in Genf und in der „Tate Gallery“ in London, im „Museum of Modern Art“ in New York und im „Museum von Louisiana“ in Dänemark statt. Giacometti wird zum wohlhabenden Künstler, wobei er einen großen Teil seines Geld seiner Mutter, Freunden und seinem Bruder Diego gibt. Seine Lebensumstände ändert er nicht, ebenso nicht die seiner Frau. Seine einzige Mahlzeit besteht weiterhin aus hartgekochten Eiern und vielen Tassen Kaffee und um Mitternacht geht er meist Essen. Giacometti ist chronisch übermüdet, vorzeitig gealtert und erschöpft. Außerdem leidet er unter ständigem Husten den sein maßloses Rauchen noch verschlimmert. 1962 wird festgestellt, dass er Magenkrebs hat. Dieser kann aber vollständig entfernt werden und Giacometti nimmt seine Arbeit wieder auf, eigentlich hat er selbst im Krankenhaus an kleinen Tonfiguren gearbeitet.

Ausgelöst durch die Todesgefahr des Krebses ist sich Giacometti bewusst, dass weitere Krebserscheinungen auftreten können und arbeitet unaufhörlich um vor seinem Tod so viel wie möglich zu schaffen. Er arbeitet weitere 4 Jahre an seinen Werken bis er am 11. Januar 1966 im Alter von 65 Jahren an Entzündung im Herz, die durch seinen chronischen Husten hervorgerufen worden ist, stirbt.


Tout cela n`est pas grand`chose,
toute la peinture, sculpture, dessin,
écriture ou plutôt littérature,
tout cela a sa place
et pas plus.
Les essais c`est tout,
Oh merveille!

( All das ist nichts Wichtiges,
Die ganze Malerei, Skulpturen und Zeichnungen,
Schreiberei oder vielmehr Literatur,
All das gehört an seinen Platz,
und nicht mehr.
Versuche sind Alles,
Oh wie wunderbar! )


Begriffserklärung:
-->Avantgarde , franz., "Vorhut".
Bezeichnung für Gruppen, die als "Vorkämpfer" für eine bestimmte Idee oder (Kunst-) Richtung agieren. Besonders gebräuchlich ist der Ausdruck für Kunstströmungen des ersten Drittels des 20. Jhs. In der Geschichte der Bildenden Kunst steht der Begriff Avantgarde für die künstlerischen Bewegungen des (beginnenden) 20. Jahrhunderts und ist dabei mit dem Begriff der Moderne bzw. der modernen Kunst verknüpft. Dadaismus, Surrealismus, Expressionismus, Tachismus, Action Painting, Minimal Art, Op-Art, Pop-Art, Lettrismus, Situationismus, Fluxus, Happening,


Quellen:

  • Buch: „Alberto Giacometti“
  • http://www.g26.ch/art_giacometti.html
  • http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=796&RID=1
  • http://www.electroasylum.com/giacometti/ag7.html
  • http://www.wsws.org/de/1998/okt1998/giac-o22.shtml
  • http://www.kunstmarkt.de/pages/kue/kuenstler_portraitbericht.html?id=35390

 

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