Europäische Union - die Europäische Einigung (Chronologie, die Europaidee, die Integration)

Schlagwörter:
Europa, die Europäische Integration, Probleme, die Geschichte der EU (der europäischen Union), Referat, Hausaufgabe, Europäische Union - die Europäische Einigung (Chronologie, die Europaidee, die Integration)
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Referat

Europa: Die Europäische Einigung

Europäische Einigung

Einführung
Wenn wir uns mit Europa beschäftigen, dann wollen wir uns die Entwicklung zur Europäischen Einigung zunächst chronologisch vergegenwärtigen:

  • 09.09.1946 Europa-Rede Churchills
  • 16.04.1948 Gründung der OEEC
  • 05.05.1949 Europarat gegründet
  • 09.05.1950 Französischer Vorschlag zur Gründung der EGKS, Schuman-Plan
  • 27.05.1952 Vertrag über die Gründung der EVG unterzeichnet
  • 30.08.1954 Scheitern der EVG im französischen Parlament
  • Juni 1955 Konferenz von Messina zur Vorbereitung einer Wirtschaftsgemeinschaft
  • 01.01.1958 Die Römischen Verträge über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft treten in Kraft
  • 03.05.1960 Inkrafttreten des Vertrages über die Gründung der Europäischen Freihandelszone
  • 14.01.1963 Ablehnung des Beitrittsgesuches Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft durch de Gaulle
  • 20.07.1963 Abschluss des Abkommens von Jaunde zwischen der Europäischen Gemeinschaft und 18 afrikanischen Staaten
  • 31.03.1965 Versuch der Europäischen Kommission unter Hallstein, ihre Kompetenzen zu erweitern
  • 30.06.1965 Frankreich beginnt »Politik des leeren Stuhls«
  • 29.01.1966 Luxemburger-Kompromiss über Einstimmigkeitsentscheidungen
  • 01.07.1968 Europäische Zollunion tritt in Kraft
  • 1./2.12.1969 Gipfeltreffen in Den Haag
  • 27.10.1970 Billigung des Davignon-Berichts über engere politische Zusammenarbeit
  • 01.01.1973 Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft um Großbritannien, Irland und Dänemark
  • 28.02.1975 Unterzeichnung des Abkommens von Lomé zwischen der EG und 46 AKP-Staaten
  • 16.02.1977 Aufnahme von Verhandlungen zwischen EG und RGW
  • 10.03.1979 Der Europäische Rat setzt das Europäische Währungssystem in Kraft
  • 7.-10. 06.1979 Erste Direktwahlen zum Europäischen Parlament
  • 10.03.1980 Vertrag von Lomé II tritt in Kraft
  • 01.01.1981 Griechenland zehnter Mitgliedstaat der EG
    (Aus: K. Wassmund: Grundzüge der Weltpolitik, München 1982)


Die Europaidee
Nun sind diese Entwicklungen ja nicht vom Himmel gefallen. Vielmehr hat die Idee eines vereinten Europas eine lange Geschichte:
"Die Europaidee hat eine lange Tradition. Schon bevor im 19. Jh. der Name »Europa« als politischer Begriff in die Sprache der Humanisten eingeführt wird, erscheinen vereinzelte Vorstellungen zwischenstaatlicher und überstaatlicher Verbindungen in Europa, so bei Pierre Dubois, der um 1300 eine Staatenföderation vorschlägt, deren Leitung ein Fürstenkonzil übernehmen sollte. Angesichts der Türkengefahr fordern, wenn auch von unterschiedlichen Zielvorstellungen geleitet, Enea Silvio Piccolomini (1405-1464) - der nachmalige Papst Pius 11 -, der böhmische König Georg von Podiebrad (1420-1471) und Niccolo Machiavelli (1469-1527) europäische Zusammenschlüsse. Im konfessionsgespaltenen Europa des 17. Jh.s ist Maximilien de Béthune, Herzog von Sully (1560-1641), der Autor eines angeblich auf König Heinrich IV. zurückgehenden Projektsinn dem sich die europäischen Staaten zu einer »Christlichen Republik« verbunden finden. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) zweifelt an der Möglichkeit einer europäischen Regierung, »weil die königlichen und fürstlichen Häuser nimmermehr von ihrem Thron herabsteigen werden«, tritt aber für eine Art internationalen Schiedsgerichts ein. Für Immanuel Kant (17241804) ist in der Schrift »Zum ewigen Frieden« ohne einen »Völkerbund, der aber gleichwohl kein Völkerstaat sein müsste«, wirklicher Friede nicht denkbar. Wenige Jahre später wird Napoleon einen Bund europäischer Staaten auf seine Weise verwirklichen, zugleich jedoch den Sinn europäischer Völker für ihre Eigenart schärfen. Aus der deutschen Frühromantik wächst während der Zeit der napoleonischen Vorherrschaft aber nicht nur ein neues Nationalbewusstsein: auch zum Bild Europas tragen Romantiker bei. Novalis (1772-1801) rühmt in seiner Studie »Die Christenheit oder Europaee das christlich verbundene Mittelalter, beklagt den Verfall in der Zeit des Rationalismus und ruft zu erneuter Einigung des »bisher schlummernden Europaee auf. Friedrich Schlegel (1772-1829) formuliert den Begriff eines »europäischen Patriotismus«; Bruchstelle europäischer Trennung ist für ihn die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich, die Verständigung beider Nationen der entscheidende Schritt zur Einigung Europas. Wie Schlegel Paris als die Mitte Europas sieht, so nennt Joseph Görres (1776-1848) den Stamm der Franzosen »vorzugsweise den europäischen«. Den einmal geweckten elementaren Nationalismen wird jedoch europäisches Denken zunehmend fremder. Über dem zerbrochenen alten Europa wird nach dem Scheitern Napoleons das Gebäude eines »europäischen Systemsee errichtet, in dem der Kontinent scheinbar eng verbunden ist, das aber tatsächlich das vorläufige Ende der europäischen Idee zur Folge haben wird. Europa muss dann erst die Erfahrung von zwei Weltkriegen erleiden, um wieder zum Bewusstsein seiner Zusammengehörigkeit zu gelangen."

(Aus: R. Meier, Europa: Idee und Wirklichkeit, in: F. Schultes (Hg.), Abiturwissen Geschichte, Augsburg 1991, S. 313)


Europäische Integration
Wie waren nun die Ereignisse, die eine Europäische Integration beschleunigten?
"Am 9. Mai 1950 beginnt die Geschichte der europäischen Integration. Im Gegensatz zur Zusammenarbeit (Kooperation) der Staaten, bedeutet Integration die Übertragung von Teilbereichen staatlicher Tätigkeit auf eine überstaatliche, eine supranationale Institution. Dem liegt die Vorstellung zugrunde dass sich das gemeinsame Interesse der teilnehmenden Staaten an dem zusammengelegten Bereich nur dann voll entfalten kann, wenn das spezielle Interesse eines Mitgliedstaates nicht jede einzelne Aktion blockieren kann. Der katholische Zentrumspolitiker und französische Außenminister Robert Schumann rief am Vormittag des 9. Mai 1950 - genau 5 Jahre nach Beendigung des 2. Weltkrieges - die Presse im Uhrensaal des französischen Außenministeriums am Quai d'Orsay zusammen, um der Öffentlichkeit einen wichtigen Plan der französischen Regierung zu unterbreiten. Europa, so sagte er, ließe sich nicht mit einem Schlage verwirklichen. Er spielte damit auf die unfruchtbaren Debatten im Straßburger Europarat über die künftige Konstruktion Europas an. Es müsse über Teilfortschritte aufgebaut werden. Man wolle eine auf Taten gegründete Solidarität schaffen. Und da eines der wichtigsten zu lösenden Probleme die Eliminierung der jahrhundertealten Gegnerschaft Deutschlands und Frankreichs sei, solle damit begonnen werden. Deshalb schlage die französische Regierung vor, »die Gesamtheit der Kohle- und Stahlproduktion Deutschlands und Frankreichs einer gemeinsamen Behörde in einer zur Teilnahme für andere europäische Staaten offenen Organisation zu unterstellen.« Man müsse in dem Bereich anfangen, so Schuman, der bisher die Waffen hervorgebracht habe, deren Opfer die Völker geworden seien. Der eigentliche Schöpfer des Schuman-Plans, der Chef der nach dem Kriege neugeschaffenen französischen Planungsbehörde, Jean Monnet, ist in all den Jahren seines Wirkens nicht müde geworden zu betonen, dass dieser Plan auch Grundlage für eine politische Einigung Europas sei. Monnet ist bis zu einem gewissen Grade der Vater der Integrationsphilosophie. Sie basiert auf der Vorstellung, dass die Übertragung staatlicher Souveränität in Teilbereichen Schritt für Schritt mit einer gewissen Zwangsläufigkeit ein Riesengebäude entstehen lässt. In welcher Lage wurde der Plan konzipiert? Frankreich hatte nach dem Krieg eine Politik der Kontrolle über die deutsche Wirtschaft betrieben, um auf diese Weise ein zu schnelles Wiedererstarken des Nachbarn zu verhindern. Vor allem die Kohle- und Stahlproduktion galt damals als Gradmesser der Macht. Vor dem Krieg hatte Frankreich unter der Konkurrenz des deutschen Stahls gelitten, und als Planungschef musste Moanet nach 1945 versuchen, die französische Stahlindustrie zu modernisieren und konkurrenzfähig zu machen. Dieses konnte aber nur gelingen, wenn Frankreich regelmäßig und sicher mit deutscher Ruhrkohle beliefert würde. Über die Saarkohle konnte Frankreich nach der Eingliederung des Saarlandes schon verfügen. Da die USA während des »kalten Krieges« Westdeutschland - ökonomisch stärken wollten und die französische Kontrollpolitik immer weniger billigten, sah Frankreich sich - (wieder von seinem mächtigen Nachbarn bedroht. Nur eine konkrete in die Zukunft gerichtete Aktion konnte nach Monnets Vorstellung neue Spannungen verhindern. Die Aktion sollte die französischen Interessen berücksichtigen und zugleich eine Politik der Aussöhnung mit Deutschland einleiten. Die Gunst der Stunde lag sicher darin, dass der damalige deutsche Bundeskanzler Adenauer schon sehr früh zu erkennen gab, dass ihm die Politik der deutsch-französischen Aussöhnung sehr wichtig und dass er bei einer stufenweisen gleichberechtigten Eingliederung der Bundesrepublik in die westeuropäische Völkergemeinschaft auch zu Zugeständnissen bereit sei. Konrad Adenauer stimmte folglich dem französischen Plan schnell zu. Das gleiche tat Alcide de Gasperi der italienische Christdemokrat und überzeugte Europäer. Dass die Briten nicht bereit sein würden, einer supranationalen Behörde Entscheidungsrechte abzugeben, war nach ihren Auftritten im Europarat zu erwarten. Die Benelux- Staaten bedauerten dies, nahmen aber an den Vertragshandlungen teil. Im Frühjahr 1951 wurde der Vertrag für- eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von sechs europäischen Regierungen unterzeichnet. Das Gerüst der Montanunion, wie diese Gemeinschaft normalerweise bezeichnet wird, stand.

Was beinhaltet der Vertrag?
Mit der EGKS schufen sich Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Italien einen gemeinsamen Markt für Kohle und für Stahl, einen Markt ohne Zölle und ohne mengenmäßige Beschränkungen. Die Montanunion verfolgt insbesondere das Ziel, die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu steigern, diese im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu erhalten und die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter zu verbessern Die Hohe Behörde, 1967 aufgegangen in der Kommission der EG wacht über die Einhaltung des Vertrages und hat die Kompetenz, bei Ungleichgewichten am Markt Produktion und Absatz zu steuern, in bestimmten Fällen auch gegen das Votum der Mitgliedstaaten in dem ansonsten höchsten Entscheidungsorgan, dem Ministerrat. Die Hohe Behörde kann über Preise und Mengen in den Markt eingreifen. Um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer zu verbessern, hat die Montanunion anfänglich den Wohnungsbau stark gefördert, heute liegt der Schwerpunkt ihrer Sozialpolitik bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit: Ausbildung, Umschulung, Mobilitätshilfen, Investitionshilfen für neue Arbeitsplätze in Gebieten mit überwiegender Montanstruktur. Die EGKS finanziert sich aus einer Abgabe der Industrie auf die Produktion von Kohle, Eisen und Stahl, quasi die erste und bisher einzige europäische Steuer. Eine gewisse Kontrolle übt seit Beginn eine Parlamentarierversammlung aus, das spätere Europäische Parlament. Jean Monnet kam es sehr auf die Mitarbeit de! Unternehmerverbände und Gewerkschaften in dieser Gemeinschaft an. Sie wirken über den Beratenden Ausschuss an der EGKS mit. Die Ratifikation in den einzelnen Parlamenten zog sich bis Mitte 1952 hin. Ein ungelöstes Problem blieb bis 1956 die Saarfrage, denn das Saargebiet sollte in der Gemeinschaft durch französische Delegierte vertreten sein, was der Auffassung der Bundesregierung widersprach. Die Einschätzung bei den Betroffenen war widersprüchlich. Während die Ruhrindustrie glaubte, es handle sich um einen Vertrag zur Beschränkung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten, glaubten die französischen Industriellen ihrerseits, der Vertrag gebe sie schutzlos der deutschen Konkurrenz preis. Der Widerstand der SPD wurde vornehmlich mit deutschlandpolitischen Argumenten und der unbefriedigenden Saarlösung begründet. Kurt Schumacher nannte den Vertrag auch eine »uneuropäische« Lösung, weil er das Prinzip der deutschen Gleichberechtigung nicht völlig verwirklicht sah. Es mag dabei ein gewisses Misstrauen mitgespielt haben, dass mit der Konstruktion der westeuropäischen Integration der Einfluss der konservativ-klerikalen Kräfte Europas verfestigt würde. Sein Hauptargument, dem die Partei in ihrer Mehrheit folgte, lag jedoch in der Behauptung, der Beitritt zur Montanunion verschlechtere die Aussichten für eine Wiedervereinigung.

Die Führer des DGB unterstützten die Pläne für die Montanunion ebenso wie eine SPD-Minderheit um den Bremer Senatspräsidenten Kaisen und den Berliner Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter. Auch Willy Brandt gehörte schon zu den Befürwortern der westeuropäischen Einigung."
(Aus: Helmut Strizek, Gisela Hammers-Strizek. Europäische Einigung - Bilanz und Perspektiven, Bonn 1984, S. 19ff)


Probleme
Damit sind die Probleme der Gegenwart noch nicht formuliert. Vielmehr gibt es und gab es Probleme, die bis heute ungelöst sind:
"Wenn also die Europäische Gemeinschaft, was den Grad des Zusammenschlusses und die Intensität der Wechselbeziehungen der Mitgliedsländer betrifft, durchaus die führende Position in allen Kooperationsformationen des weltpolitischen Geschehens ein nimmt, so ist die Entwicklung dahin nicht ohne schwere Konflikte und Rückschläge abgelaufen und die jetzige Situation nicht ohne Gefahren, Schwierigkeiten und Ungewissheiten.

a) Kontrovers waren und sind unter anderem: Ob das Integrationsziel eine Föderation oder eine Konföderation, ein »Europa der Vaterländer« oder eine Europäische Union sein soll, und ob als Integrationsmethode ein supranational-gemeinschaftlicher oder ein intergouvernemental-kooperativer Weg gewählt werden muss. Wie das Wechselverhältnis zwischen Mitgliedsstaaten, die groß und klein, stabil und instabil, ökonomisch stark und schwach, industriell oder agrarisch strukturiert sind, gestaltet werden kann, und ob es abgestufte Intensitätsgrade der Teilnahme am Integrationsprozess geben darf (Tindemanns-Bericht von 1975). Ob nach der Erweiterung der Mitgliederzahl von sechs auf neun (ab 1. 1. 1973 Großbritannien, Dänemark und Irland dazugehörig) eine weitere Vergrößerung verkraftet werden kann, oder ob nicht statt Ausdehnung der Gemeinschaft, ihre Vertiefung betrieben werden muss. Die Probleme spitzten sich in der ersten Hälfte der 7Oer Jahre im Gefolge der weltweiten Energie-, Wachstums- und Währungskrisen derart zu, dass vorübergehend nicht mehr der Grad von Integration, sondern generell die in Europa überhaupt erreichten Zustände erörtert wurden.


b) Belastend waren und sind unter anderem: Der Dirigismus im Agrarsektor, der u. a. dazu führt, dass zur Sicherung des Einkommens der in allen Mitgliedsländern gut organisierte Bauernschaft und gleichzeitig zur Aufrechterhaltung der kostengünstigen Versorgung der Bevölkerung, mit künstlichen Preisen, Absatzgarantien und einem Prämiensystem gearbeitet werden muss, so dass drei Viertel des gesamten Haushalts der Gemeinschaft für den Landwirtschaftsbereich und - nicht zuletzt - für die Vernichtung der Überschussproduktion verwendet wird. Das Verfehlen gesetzter Ziele wie die Herstellung einer Zolltarif-, aber noch keiner echten Zollunion, die Ausdehnung der Freizügigkeiten, aber das Scheitern eines wirklichen Binnenmarktes, der Aufbau eines Europäischen Währungssystems, aber keiner Wirtschafts- und Währungs-Union und die damit einhergehenden Gefahren statt zur Gemeinschaftsbildung nur noch zum reaktiven Krisenmanagement in der Lage zu sein. Der Vorrang nationaler Egoismen und wirtschaftspolitischer Einzelinteressen im Verhältnis nach außen (Ölversorgung, Atomgeschäfte, Ostbeziehungen), und die Bevorzugung taktischer Maß nahmen und kurzfristiger Positionsgewinne im Innern (Rücksicht auf Wählerschichten, Ausrichtung an Meinungstrends, Vermeidung von Parteistreitigkeiten) unter Vernachlässigung gemeinschaftlicher Politik Europas.


c) Ungeklärt waren und sind unter anderem: Alle Außenbeziehungen der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere die Beziehungen zu den USA, die anstatt von Partnerschaft immer häufiger von Konkurrenzdenken, von Unverständnis und von Irritationen gekennzeichnet sind, zu deren Beseitigung es nur unzureichende institutionelle Mechanismen gibt. In den Beziehungen zum Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon), in denen zwar durch die Anerkennung der Existenz der EG durch den östlichen Wirtschaftsblock im Jahre 1973 eine gewisse Formalisierung der Kontakte stattgefunden hat, ansonsten aber wegen System-, Wirtschafts- und Zieldifferenzen kaum Fortschritte gemacht werden konnten. In den Beziehungen zum Nahen Osten, in denen die Europäische Gemeinschaft zwar einen weitgehend übereinstimmenden Standpunkt zum Verhältnis von Israel und Ägypten und zur Palästinenser-Problematik vertritt, wo aber z. B. die besonderen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu Israel und Frankreichs zu den arabischen Staaten (von dem unterschiedlichen Grad der Ölabhängigkeit einmal abgesehen) die Einigkeit sehr schnell zerbrechen kann. In den Beziehungen zu den Entwicklungsländern die zwar durch die Assoziierungsabkommen von Jaunde (1963) und von Lomé (1975 und 1980) mit inzwischen mehr als 50 AKP-Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik) auf eine für beide Seiten gewisse Vorteile bringende Basis gestellt worden sind (Öffnung der Märkte, Zollpräferenzen, Erlösstabilisierung, Liefergarantien, Entwicklungsfonds). Dennoch sind Zollbarrieren, Lieferkontingentierungen und Handelshemmnisse auf der europäischen Seite bestehen geblieben, und die Vorwürfe, Kritiken und Forderungen sowohl der Vertragspartner aus der Dritten Welt als auch - und hier noch mehr - die der übrigen Entwicklungsländer an die Europäische Gemeinschaft mehren sich.


d) Problematisch waren und sind unter anderem: Die Süderweiterung der Europäischen Gemeinschaft, die auf der einen Seite einen politischen Machtgewinn (48% mehr Territorium, 22% mehr Bevölkerung, größerer Einfluss im Mittelmeerraum), eine Erweiterung der Märkte und Intensivierung des Handels und die Chance zur Stärkung der jungen Demokratien Spaniens, Portugals und Griechenlands mit sich bringt. Sie wird aber andererseits die Konflikte im europäischen Agrar- und Arbeitsmarkt potenzieren, das Entwicklungsgefälle im Industrieniveau und in der Infrastruktur verschärfen, den Bürokratieapparat aufblähen und den europäischen Regionalfonds zum Ausgleich von Entwicklungsdisparitäten aufs schwerste belasten. Die Diskrepanzen zwischen den Zielen, Wünschen und Praktiken der Europäischen Behörden einerseits und den Bestrebungen nach Erhalt und Herstellung von Autonomie, Eigenständigkeit und Identität in überschaubaren, historisch, ethnisch oder kulturell bestimmten Einheiten und Regionen (z. B. Basken, Waliser, Bretonen) andererseits werden weiter zunehmen, ohne dass die Kluft überwunden werden kann. Die Unfähigkeit von Politikern, Wissenschaftlern und Journalisten - trotz allen propagandistischen Aufwandes für Europa – die Vorteilhaftigkeit, Wichtigkeit und Tragweite des Europäischen Zusammenschlusses für jeden Einzelnen zu verdeutlichen, Kosten- Nutzen-Abwägungen und ihren konkreten Bezug für die Lebensbedingungen zu erklären, den Preis einer Auflösung der Gemeinschaft allen Beteiligten zu erläutern.

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