Dürrenmatt, Friedrich - Die Physiker (Analyse)

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Analyse der einzelnen Szenenbilder, Möbius, Richard Voß, Referat, Hausaufgabe, Dürrenmatt, Friedrich - Die Physiker (Analyse)
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Referat

Die Physiker – Analyse der einzelnen Szenenbilder

 
Akt I   Die Komödie der verkehrten Welt
Die Exposition (1. – 3. Szene, S. 15 – 31)
Es ist kurz nach halb fünf Uhr nachmittags. Aus einem der den Salon angrenzenden Zimmer dringt Geigenspiel mit Klavierbegleitung. Auf dem Boden des Salons liegt die Leiche einer Krankenschwester. Im Raum herrscht Unordnung. Um die Leiche bemühen sich mehrere Kriminalbeamte. Inspektor Richard Voß befragt gerade die Oberschwester zur Person des Opfers und des Täters. Über den Täter muss er erfahren dass es sich um Ernst Heinrich Ernesti handelt. Ernesti ist einer der drei Physiker die in dem Irrenhaus leben – er hält sich für Einstein.
Da für beide bisher geschehenen Morde keinerlei Motive vorhanden sind, und die Mörder „Täter“ sind und die Morde „Unglücksfälle“ beginnt die Gesamtsituation für Kriminalinspektor Richard Voß verwirrend zu werden. Die bisherige Normalität und sein – über viele Jahre angeeigneter Maßstab zur Beurteilung der Realität gerät ins Wanken – soweit dass Voß sogar an seinem eigenen gesunden Menschenverstand zu zweifeln beginnt.
Während der Inspektor auf die Leiterin des Hauses wartet, betritt Herbert Georg Beutler den Salon. Beutler, der sich für Newton ausgibt, erkundigt sich nach dem Lärm, der im Salon herrscht. Als Newton erfährt, dass Einstein seine Pflegerin erdrosselt hat, wundert sich Newton, wie man nur eine Krankenschwester erdrosseln kann. Der Inspektor entgegnet ihm, dass auch er, Newton, seine Krankenschwester erdrosselt hat. Newton erklärt dem Inspektor, dass es bei ihm ganz anders gewesen sei. Seine Krankenschwester hatte sich in ihn verliebt und er erwiderte diese Liebe. Dieses Dilemma sei nur noch mit einer Vorhangkordel zu lösen gewesen. Allein schon der Altersunterschied, er musste doch jetzt schon über zweihundert Jahre alt sein, wäre ein Hindernis gewesen. Außerdem, so vertraut er dem Inspektor an, sei er gar nicht verrückt. Er tut nur so, damit Ernesti nicht verwirrt ist, denn Ernesti ist in Wirklichkeit Newton und er ist Einstein.
Newton bekennt im Gespräch mit Richard Voß seinen Hang zur Ordnung, nur auf Grund dessen er überhaupt Physiker geworden sei. Während Newton die durch den Mord umgefallenen Möbel wieder aufstellt und ordnet pervertiert sich die Situation: Newton zündet sich eine Zigarette an. Als Voß es ihm gleichtun will berichtigt der Patient Voß: „hier dürfen nur die Patienten rauchen – nicht die Besucher“ mit der Begründung dass sonst ja gleich der ganze Salon verpestet wäre.
Im Weiteren Verlauf des Gesprächs lassen Newtons Äußerungen den Zuschauer an dessen Verrücktheit zweifeln. So kommt er auf die Problematik des Stückes, und damit auf die Schizophrenie der bürgerlichen Weltanschauung zu sprechen. Er philosophiert über den Begriff „Mörder“, Mörder die verhaftet werden und Mörder die belohnt werden, gesellschaftliche Anerkennung erlangen wie z.B für die Erfindung der Atombombe.
Auch spricht Newton den Missbrauch von Erfindungen in einem paradoxen Vergleich an: So sagt er, dürfe man ein technisches Gerät (Beispiel Glühbirne) nicht benutzen wenn man die Funktionsweise nicht versteht. Trotzdem wird es getan – mit dem Betätigen des Lichtschalters, oder dem Zünden einer Atombombe.
Nach diesem verwirrenden Zwiegespräch betritt die Leiterin des Hauses den Raum. Sie verweist auf ihre berühmte Familie und setzt sich souverän über die Hausordnung hinweg indem sie das Rauchen gestattet. Als ihr der Inspektor von seinem Gespräch mit Newton erzählt, mit dem Geheimnis dass er sich doch für Einsteinhalten würde, meint sie, dass er das jedem erzähle, dass er sich aber tatsächlich für Newton halte, denn sie bestimme in diesem Haus für wen sich ihre Patienten halten. Der Inspektor weist Frau Zahnd darauf hin, dass der Staatsanwalt nach diesem zweiten Mord nun darauf besteht, dass starke männliche Pfleger die Betreuung der drei Physiker übernehmen müssen. Nach einigem Zögern gibt sie nach und sichert zu, dass sie hier von nun an männliche Pfleger einsetzen wird.
Mit einem Hinweis (“(…) sie denken an eine Veränderung des Hirns durch Radioaktivität (…)“) wird der Zuschauer in die falsche Richtung gelenkt um das Stück noch unerwarteter umschlagen zu können.
Möbius wird erwähnt als ein harmloser Fall, fern von jeglicher Radioaktivität. Es kündigt sich der Besuch von Frau Rose, Wilhelm Möbius` Frau an.
 
Möbius Abkehr` von der Außenwelt (4. Und 5. Szene, S. 31 – 53)
Die Chefärztin empfängt Frau Rose die sich inzwischen neu verliebt hat in den Missionar Rose, und sich nun von Möbius, von dem sie sich bereits geschieden hat, endgültig zu verabschieden. Bei der Konfrontation mit seinen Kindern an die er sich nur schwach erinnert, bei einem Flötenspiel, beginnt er den irren zu spielen. Unter wüsten Beschimpfungen wirft er seine Familie aus dem Raum.
Die Ehe von Möbius und Frau Rose war geprägt von Schwierigkeiten. Bitterarm lernte sie den Waisenknaben mit 15 Jahren kennen, ermöglichte ihm Abitur und Studium. Bald darauf heirateten sie – gegen den Willen der Familie. Sie bekamen drei Kinder. Als Möbius erkrankt hat er Aussicht auf eine große Karriere als Physiker. Wegen der teuren Irrenanstalt muss die Familie um ihren finanziellen Lebensstandard bangen.
Möbius nutzt seinen ersten Auftritt beim Familientreffen um sich endgültig von der Familie zu trennen, für die er kaum noch Interesse hegt, um die letzte Verbindung zur Außenwelt zu lösen. Er inszeniert den Verrückten, der Mühe zu haben scheint die familiären Zusammenhänge zu erkennen. Als eines der Kinder erzählt es wolle Physiker werden, verbietet Möbius dies, mit dem Hinweis auf sein eigenes Missgeschick. Offenbar durch das Flötenspiel seiner Kinder entnervt verliert Möbius die Fassung und rezitiert einen Psalm Salomons. Im Text handelt es sich um die Verkehrung vom Loblied zum Fluch Salomons, und einem Menschen der hilflos in einem zerstörten Universum herumirrt.
Schon wieder entsteht eine Unklarheit gegenüber dem Zuschauer, der Möbius´ tatsächlichen Zustand nicht erkennen kann. Ist der Psalm Salomons die Reaktion eines Wahnsinnigen gewesen, oder ein ausgespieltes Ass – die bewusste Provokation seiner Familie?
Erste Enthüllungen treten ein. So gesteht Möbius gegenüber Schwester Monika sich nur verstellt, und den Wahnsinnigen gespielt zu haben, um sich von seiner Familie lösen zu können. Diese kann ihn, den Wahnsinnigen, nun guten Gewissens vergessen. Andererseits spricht Möbius wieder von Salomo. Dieser habe ihm offenbart was zu offenbaren war, spricht Möbius, das System aller möglichen Erfindungen.
Mit dem Auftritt Schwester Monikas setzt sich der Wendepunkt des Geschehens fest. Sie liebt ihn, glaubt an seine Gesundheit, und bildet sich ein zu verstehen dass Salomo Möbius erscheint. Möbius gesteht ihr ebenfalls seine Liebe, sieht darin jedoch eine Gefahr für sie.
Physiker und Mitpatient Ernesti erkennt die gefährliche Situation für Monika und rät ihr vor dem Unheil zu fliehen. Der Zuschauer beginnt zu ahnen was kommen wird.
Doch Monika sieht das nicht ein, und verkündet dass sie Möbius Freilassung bewirkt hat, und ihn ehelichen will um auch ihr privates Glück zu finden, nach all den Jahren der Aufopferung.
Der Zuschauer kann nun erstmals einen glücklichen Ausgang der Situation entdecken, auch weil er Möbius in dieser Phase des Stückes als völlig normal erlebt hat. Er versteht nur nicht die negative Reaktion von Möbius, als Monika ihm erzählt dass sie seine Formeln überprüfen hat lassen und deren ungeheuren Wert kennt.
 
Mit Tränen in den Augen muss Möbius tun was jeder voraus sah. Er bringt die Frau um die er liebte: Schwester Monika.
Fragen des Zuschauers bis zu dieser Stelle:
-Sind die Patienten wirklich wahnsinnig à existieren die Erscheinungen Salomons wirklich?
-Warum hat Möbius die Frau getötet die er liebte?
-Hängen die Morde zusammen?
-Welche Rolle spielt die Ärztin wirklich?
 
 
 
Akt II Die Tragödie mit der „schlimmstmöglichen Wendung“
Die Aufhebung aller Ordnungen (1. – 2. Szene, S. 54 – 61)
Die ersten beiden Szenen des zweiten Akts sind eine spielerische Umkehrsituation des Beginns. Nun ist es der Inspektor der Alkohol und Zigaretten ablehnt, von “Tätern“ und “Unglücksfällen“ spricht, und nicht mehr die Chefärztin. Dies kann man damit begründen dass sich Richard Voß auf die verkehrte Welt des Irrenhauses innerlich eingestellt hat. Ihm ist klar geworden dass in dieser Anstalt andere Maßstäbe der Gerechtigkeit gelten als in der normalen, “bürgerlichen“ Welt.
Wegen den höheren Sicherheitsanforderungen auf Grund der vielen Morde werden die Schwester von rüpelhaften, riesigen Pflegern ersetzt.
Trotz dieser Pfleger geschieht ein weiterer Unglücksfall. Möbius stürzt aus seinem Zimmer und ruft der Ärztin zu König Salomon hab ihm zu Morden befohlen, weshalb er Schwester Monika umgebracht hat. Wegen dem darauffolgenden Zitat der Ärztin “Seine Majestät ordnete den Mord an“ ist das Publikum im Ungewissen.
In der zweiten Szene erkennt man den charakterlich völlig veränderten Inspektor Voß nur schwer wieder. So wirkt er jetzt nicht mehr verwirrt, sondern nachdenklich und selbstsicher. Er trinkt und raucht wie es ihm beliebt und fühlt sich wohl Handhaber in dieser skurrilen und umgekehrten Welt des Irrenhauses zu sein. Als Möbius gesteht und sich stellen will, unterweist ihn der Inspektor auf das zu Beginn des Stückes Geschehene undreagiert gelassen: er habe doch im Auftrag Salomons gehandelt, und solange sie diesen nicht schnappen würden sei nichts zu machen. Warum er dieses verkehrte Ordnungsgefüge plötzlich akzeptiert, und sich einfügt begründet der Inspektor mit der neu gewonnenen Freiheit. Die Freiheit einmal nicht mit einem Begriff wie “Gerechtigkeit“ handeln zu müssen.
 
Die Verantwortung des Wissenschaftlers (3. Szene, S. 61 – 78)
Die Enthüllung der Identität Newtons ist die Erste. So bekennt er von Möbius seinen eigentlichen Grund des Klinikaufenthaltes. Er sei Alec Jasper Kilton, Physiker und Begründer der Entsprechungslehre und habe sich im Auftrag seines Geheimdienstes in die Anstalt einweisen lassen, um Möbius, den er für den größten Physiker aller Zeiten hält aus dem Irrenhaus zu entführen. Die Krankenschwester musste er töten, da sie ihn für gesund erklärt hat, und somit seinen Auftrag in Gefahr gebracht hätte.
Als nächstes verliert Einstein sein imaginäres Ich. Er ist in Wirklichkeit Joseph Eisler, Entdecker des Eisler – Effekts und ebenfalls Agent eines Geheimdienstes. Auch er war Möbius auf die Spur gekommen, und wollte ihn in seine Gewalt bringen. Den Mord an der Krankenschwester erklärt Einstein mit dem plausiblen Grund dass sie Verdacht geschöpft hatte.
Anschließend erfolgt der geistliche Höhepunkt des Stückes. Die Physiker diskutieren über die Möglichkeit naturwissenschaftlicher Forschung in der heutigen Zeit. Derweil registrieren sie die neuen Gitter vor ihren Fenstern.
Jeder der Physiker vertritt im weitern Verlauf der Diskussion eine andere Meinung im bezug zu dem Umgang mit Möbius` Formel “aller möglichen Erfindungen“. So lockt Newton mit dem Nobelpreis, und einem gebührlichen leben: es sei nicht Sache der Wissenschaftler was die Menschheit mit den Forschungsergebnissen anstellen würden ist seine Devise. Einsteins Meinung ist weniger egozentriert. So stimmt er der These nicht ganz zu, sondern vertritt den Standpunkt dass die Wissenschaftler entdecken müssen zu wessen Gunst sie ihre “Wissenschaft anwenden“. Dann habe man die richtige Kontrolle – es ist möglich für optimale Arbeitsbedingungen und wissenschaftliche Freiheit zu plädieren. Auch könnten sie so Bedingungen stellen. Möbius hingegen ist der zentrale Knackpunkt beider Gedanken. Er wiegt sie ab und will seine Entscheidung sorgfältig überlegen, für welche politische Richtung er sich entscheiden wird.
Newton und Einstein weisen auf Möbius Nachfrage auf die Abhängigkeit der Wissenschaftler hin. So ist bei keinem der verschiedenen Wissenschaftsbilder eine Kontrolle des Erfinders über die Verwertung der Forschungsarbeiten möglich.
Auf Grund dieser Kontrolle seiner Formeln hat Möbius beschlossen ins Irrenhaus zu gehen, und beschließt nun auch abermals hier zu bleiben. Dies begründet er außerdem mit seinem Verantwortungsbewusstsein gegenüber der gesamten Menschheit. Deshalb hat Möbius alles aufgegeben. Familie, Karriere und den eigenen Stolz.
Nun beginnt Möbius seine Kollegen zu beeinflussen – mit einer gezielten Wortwahl, und guter Argumentation spielt er sie sich zu.
Er verweist auf die Schuld die sie bisher mit den Morden auf sich genommen haben. Die Morde könnten nur dann gesühnt werden, wenn sie dafür nun das Opfer ihrer Gefangenschaft zum Wohle der Menschen bringen würden.
Mit dieser Argumentation gelingt es Möbius tatsächlich die Anderen von seinem Standpunkt zu überzeugen. Sie schließen sich ihm an wegen der “letzten kleinen Chance die die Welt noch besitzt davonzukommen“, und schwören im Irrenhaus zu bleiben. Auf ihre Entscheidung stoßen sie an.
 
Das Scheitern des Einzelnen (4.Szene, S. 78 – 85)
Um der ganzen nun herrschenden Atmosphäre etwas Bedrohliches zu geben, auf Grund der bald eintretenden Eskalation, werden einige Vorkehrungen getroffen: Die Pfleger tagen schwarze Uniformen mit Pistolen, und selbst das Bild des Vaters der Ärztin wird erneuert und zeigt nun einen General. Die Stimmung wirkt düster.
Um den “inneren Frieden zu verdeutlichen den die Physiker nun mit ihrer Entscheidung gefunden haben, benutzt Dürrenmatt für diese 4. Szene eine sehr lyrische Sprache.
Es zeigt sich bald im weiteren Gang der Handlung dass die eigentlich verrückte die Ärztin ist. Sie verkündet auch ihr sein König Salomo erschienen. Auf sein Geheiß hin habe sie Möbius` Aufzeichnungen kopiert, uns sie wirtschaftlich ausgewertet. Stets handelte sie so, dass nie etwas auf sie zurück fallen konnte, indem sie zum Beispiel die Physiker in der Öffentlichkeit als verrückt ahnden ließ – durch ihre Morde die die Ärztin selbst geschickt inszeniert hatte.
 
Die Bestandaufnahme (5. Szene, S. 85 – 87)
Diese abrupte Wendung ist das Schlimmst-mögliche was hätte passieren können. Das verantwortliche Handeln der Physiker ist nun sinnlos geworden, und die Welt wegen einer machtbesessenen Ärztin ernsthaft in Gefahr.
Das Stück endet mit einem persönlichen Schlussmonolog eines jeden Physikers, in dem er sich wieder zentral in die Rolle des Kranken versetzt.
Newton beginnt biographische Daten zu nennen, und erläutert nochmal den Grundsatz eines jeden Physikers, sich nur auf bereits Erfahrenes zu beschränken, und nicht hypothetisch zu denken.
Auch Einstein erzählt biographisches über die Rolle die er angenommen hat. Er vermerkt sich als ein guter Mensch, dessen Forschungsergebnisse machtpolitisch ausgenutzt worden sind.

Möbius gibt in seiner Schlusssequenz ein Bild zum Besten, dass die Zerstörung der Welt durch die Auswirkungen der modernen Wissenschaften beinhaltet. Dies bezieht er alles auf König Salomo.

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