Heine, Heinrich - Sie saßen und tranken am Teetisch (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Heinrich Heine, Sie saßen und tranken am Theetisch, Referat, Hausaufgabe, Heine, Heinrich - Sie saßen und tranken am Teetisch (Gedichtinterpretation)
Themengleiche Dokumente anzeigen

Referat

Gedichtinterpretation zu H. Heine „Sie saßen und tranken am Teetisch“

Sie saßen und tranken am Theetisch
von Heinrich Heine

Sie saßen und tranken am Theetisch,
Und sprachen von Liebe viel.
Die Herren, die waren ästhetisch,
Die Damen von zartem Gefühl.
 
Die Liebe muß seyn platonisch,
Der dürre Hofrath sprach.
Die Hofräthin lächelt ironisch,
Und dennoch seufzet sie: Ach!
 
Der Domherr öffnet den Mund weit:
10 
Die Liebe sey nicht zu roh,
11 
Sie schadet sonst der Gesundheit.
12 
Das Fräulein lispelt: wie so?
 
13 
Die Gräfin spricht wehmüthig:
14 
Die Liebe ist eine Passion!
15 
Und präsentiret gütig
16 
Die Tasse dem Herren Baron.
 
17 
Am Tische war noch ein Plätzchen;
18 
Mein Liebchen, da hast du gefehlt.
19 
Du hättest so hübsch, mein Schätzchen,
20 
Von deiner Liebe erzählt.

(„Sie saßen und tranken am Theetisch“ von Heinrich Heine ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.6 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Sie saßen und tranken am Teetisch“ von Heinrich Heine handelt von einem Kaffeekränzchen, bei dem sich mehrere Paare über die Liebe unterhalten. Heine möchte mit seinem Text auf den Widerspruch zwischen Wort und Tat aufmerksam machen, der bei vielen Menschen gerade in der Liebe besteht. Das Gedicht ist noch der Romantik zuzuordnen, es lassen sich typisch romantische Begriffe finden, wie „Liebe“ (V.2,5,10,14,20), „zartem“ (V.4), „Liebchen“ (V.18), „Schätzchen“ (V.19).

Allerdings erzeugen diese Worte, durch die verwendete Ironie, in diesem Gedicht keine romantische Atmosphäre. Das Gedicht beginnt in der ersten Strophe mit einer Einleitung, in der die Situation am Teetisch geschildert wird, an dem mehrere Paare über die Liebe reden. In den folgenden drei Strophen werden Beispiele für diese Unterhaltungen gegeben.

Die letzte Strophe ist der Wunsch des lyrischen Ichs, dass sein „Liebchen“ dabei gewesen wäre, um von seiner Liebe zu berichten. Die fünf Verse des Gedichtes haben kein einheitliches Metrum, der Reim ist ein Kreuzreim. In seinem Gedicht benutzt Heine sehr viel Ironie, um seine Aussage zu verdeutlichen. Sonst fallen, bis auf wenige Inversionen, die aber für die Aussage des Gedichtes nicht bedeutend sind, keine rhetorischen Figuren auf. Was aber auffällt ist ein Perspektivenwechsel von der vierten zur fünften Strophe. Während bis zur vierten Strophe in der 3. Person Singular geredet wird, äußert sich in der fünften Strophe ein lyrisches Ich.

Die spärliche Verwendung von rhetorischen Figuren zeigt, dass Heine der Inhalt seines Gedichtes wichtiger ist, als das Aufbauen von Worthülsen um eine Stimmung zu erzeugen. Das macht auch den Unterschied von Heines Gedicht zu typisch romantischen Gedichten aus. Während die erste Strophe auch der Anfang eines typisch romantischen Gedichtes sein könnte, wird in den nächsten drei Strophen deutlich, dass dieses Gedicht nicht in das typische Muster paßt.

In diesen Strophen unterhalten sich immer zwei Menschen über die Liebe. Diese Menschen sind gleichzeitig ein Paar. So unterhalten sich der Hofrat und die Hofrätin, der Domherr und das Fräulein und die Gräfin und der Baron. Diese Unterhaltungen sind von Widersprüchen geprägt. Sie wirken, als würden zwei fremde Menschen über die Liebe sprechen, und nicht ein Paar, dass sich liebt bzw. lieben sollte und auch schon mal privat über ihre jeweiligen Vorstellungen von der Liebe gesprochen hat.

So sagt der Hofrat zur Hofrätin, dass die Liebe platonisch sein müsse (V.5), was ja eigentlich überflüssig wäre, wäre ihre Beziehung denn platonisch. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Hofrätin daraufhin nur ironisch lächelt (V.7), und dann aber seufzt, als würde sie sich das auch wünschen (V.8). Als der Domherr zum Fräulein sagt, dass die Liebe nicht zu roh sein dürfe (V.10), weiß sie gar nicht, was er damit meint, obwohl sie es ja eigentlich wissen müßte, hätten sie überhaupt schon mal über ihre Vorstellungen von Liebe gesprochen.

Der direkte Widerspruch von Wort und Tat wird deutlich, als die Gräfin die Liebe als Passion bezeichnet (V.15), aber danach dem Baron „gütig“ die Tasse präsentiert, was eher auf ein Mutter-Sohn-Verhältnis schließen läßt als auf eine leidenschaftlichen und hingebungsvolle Liebe. Mit den ersten beiden Unterhaltungen möchte Heine darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, sich in einer Liebesbeziehung mit den eigenen Erwartungen und Vorstellungen auseinanderzusetzen, um in einer solchen Beziehung überhaupt glücklich zu werden und nicht erst an einem Teetisch oder bei ähnlichen Gelegenheiten zu erfahren, dass man jahrelang dieselben Wünsche hatte, aber nie darüber gesprochen hat.

Die dritte Unterhaltung verdeutlicht den Widerspruch zwischen Worten über die Liebe und der eigenen Liebesbeziehung bei vielen Menschen.

Der letzten Strophe läßt Heine noch eine ganz besondere Aussage zukommen. Damit, dass das lyrische Ich hier sagt: „Du hättest so hübsch, mein Schätzchen, von deiner Liebe erzählt.“,(V.19/20), was natürlich ironisch zu verstehen ist, will Heine ausdrücken, dass die Liebe eine Sache von beiden Menschen eines Paares ist. Er macht darauf aufmerksam, wie fatal es ist, sich gar nicht mit den Sichtweisen des anderen zu beschäftigen, weil dass dazu führt, dass der eine die eigene Beziehung in der Schilderung des anderen gar nicht wiedererkennt und gar nicht weiß, was der andere überhaupt über die gemeinsame Beziehung denkt und fühlt. Mit seinem Gedicht möchte Heine mehrere Dinge ausdrücken.

Zusammenfassend sagt er, dass es wichtig ist, sich in einer Beziehung über Wünsche und Vorstellungen auszutauschen, aber auch das eigene Verhalten, in Hinsicht auf die eigenen Wünsche und äußerungen, kritisch zu reflektieren, wobei das letztere durchaus allgemeinen Charakter hat, und nicht nur für eine Liebesbeziehung gilt.

Die Interpretationshypothese ist also zu bestätigen, aber um wesentliche Aspekte zu erweitern.

Persönlich unterstütze ich die Aussage Heines, denke aber, dass die Aussage nicht mehr so revolutionär ist, wie zu Heines Lebzeiten, da sie heutzutage von sehr vielen Menschen gepriesen wird, wenn wahrscheinlich auch heute noch ein großer Widerspruch zwischen den Worten und Taten besteht.

An dem Gedicht gefällt mir die feine Ironie Heines, die diesem Gedicht etwas Besonderes verleiht, und die nüchterne Schilderung der Gespräche, die doch so widersinnig sind.

Zurück