Brecht, Bertolt: Die heilige Johanna der Schlachthöfe

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Bertold Brecht, Referat, Hausaufgabe, Brecht, Bertolt: Die heilige Johanna der Schlachthöfe
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Referat

Literaturarbeit

Bertold Brecht

Die heilige Johanna der Schlachthöfe

zitiert wird nach: Bertold Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe
TB; edition suhrkamp 113; Suhrkamp Verlag, Berlin; 1. Auflage 1962

1.1: Inhaltliche Zusammenfassung

Die Zeit, in der das Drama spielt, ist die der großen Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt. Das Stück ist durchwegs chronologisch aufgebaut, es gibt keine Rückblenden. Der Ort der Vorkommnisse ist Chicago. Die Szenen spielen an verschiedensten Plätzen, so z.B. vor den Fleischfabriken, im Haus der ‚Schwarzen Strohhüte‘ oder in den Straßen Chicagos.

Die Handlung erzählt von Pierpont Mauler, einem gefinkelten Fleischkönig, und dessen Methoden, sein Kapital zu vergrößern. Zugleich wird die fatale Situation der Arbeiterklasse und das Handeln der Kirche (vertreten durch die Organisation der ‚Schwarzen Strohhüte‘) dargestellt.
Als Pierpont Mauler, der Hauptvertreter der ‚kapitalistischen Gesellschaft‘, einen Wink von Freunden in New York erhält, die Fleischproduktion einzustellen, tut er dies, nur auf seinen persönlichen Vorteil achtend. Er verkauft seine Produktionsanlagen an einen Bekannten nachdem er seinen größten Konkurrenten, Lennox, durch brutalen Preiskrieg aus dem Geschäft geboxt hat. Mauler macht durch diesen Schritt viel Geld, doch der gesamte Fleischmarkt in Chicago bricht zusammen; die Viehzüchter können ihre Schweine und Kühe nicht mehr verkaufen und eine Unzahl von Arbeitern steht auf der Straße.

Als Johanna Dark, Anführerin der ‚Schwarzen Strohhüte‘ einzugreifen versucht, zeigt Mauler ihr die Schlechtigkeit der Arbeiter, da er sich erhofft, dann von ihrem Streben nach einer Verbesserung der Welt in Ruhe gelassen zu werden. Außerdem scheint er sich an der Naivität des jungen Mädchens zu belustigen und mit ihr zu spielen. Doch Johanna erkennt etwas anderes (S. 42): „Ist ihre Schlechtigkeit ohne Maß, so ist’s | Ihre Armut auch. Nicht der Armen Schlechtigkeit | Hast du mir gezeigt, sondern | Der Armen Armut.“.

Mauler kauft scheinbar auf das Drängen Johannas hin Fleisch und Vieh auf, steht zunächst also als der Retter des dynamischen Prozesses der Wirtschaft da, doch schon bald stellt sich heraus, dass er eine neue Monopolposition besitzt, die es ihm erlaubt, den Fleischpreis unheimlich in die Höhe zu treiben, da die Fleischfabrikanten keinen anderen Anbieter als Mauler selbst finden können, sie ihm aber laut Vertrag noch Fleisch schulden. Mauler hat seine Konurrenten und auch die Arbeiter zum zweiten Mal, einen humanen Hintergrund vorschützend, betrogen.

Da Johanna den Arbeitern nicht helfen will, ihrem Unmut in Form von Gewalt Ausdruck zu verleihen, lässt sie einen Generalstreik durch Unterlassen der Weiterleitung eines Briefes platzen. Johanna erkennt spät:

„Geredet habe ich auf allen Märkten
Und der Träume waren unzählige, aber
Den Geschädikten war ich ein Schaden
Nützlich war ich den Schädigern.“. (S. 142)

Mauler nämlich spielt nach außenhin wieder einmal den Retter, schließt die Verpackungsanlagen zu einem Ring zusammen und unterstützt die ‚Schwarzen Strohhüte‘ finanziell. Gleichzeitig schmeißt er ein Drittel der Arbeiter aus seinen Betrieben, um die Produktion zu begrenzen und fragt die Strohhüte, denen Johanna inzwischen nicht mehr angehört, ob sie „...für uns reden | Überall, daß wir gute Leute sind? Gutes planend in | Schlechter Zeit.“. Die Strohhüte stimmen in Hinblick auf das Geld zu. Johanna kommt zu spät um den ‚Schwarzen Strohhüte‘ klar zu machen, dass sie missbraucht werden. Sie verzweifelt und reift sterbend zur Revolutionärin (S. 146):

„Es hilft nur Gewalt wo Gewalt herrscht...“
„Es helfen nur Menschen, wo Menschen sind.“

Doch diese Gedanken werden überschrieen, Johanna wird zur Heiligen erklärt und ihre revolutionären Gedanken bleiben damit verborgen. Sie hat ihren Kampf um eine humanere und sozial gerechte Gesellschaft verloren; das kapitalistische System, welches auf dem Betrug der Arbeiter aufgebaut ist, gewinnt.

2.1: Aspekte der Aufklärung in diesem Stück

Bertold Brecht zeigt in dem Stück eindeutig auf, auf welche Weise die Schicht der Arbeiter in dem vorhandenen System ausgenutzt wird. Im Verlauf der Handlung wird für jeden noch so pazifistisch denkenden Leser klar, dass unter solch eingefahrenen Umständen keine friedliche Lösung angestrebt werden kann/darf, weil diese einfach nicht zum gewünschten Erfolg, einer Annäherung an soziale Gerechtigkeit unter den verschiedenen Klassen, führen kann.

Die Scheinmoral, gegen die Brecht mit diesem Stück Sturm läuft, ist sicherlich das entschuldigende Wir-würden-euch-ja-gerne-helfen,-aber-auch-für-uns-sind-die-Zeiten-Schwer der Unternehmer. Diese berufen sich auf die wirtschaftliche Situation und meinen ‚da kann man halt nichts machen‘! Genau gegen diese Einstellung soll jedoch vorgegangen werden. Brecht will uns verdeutlichen, dass selbst wenn die Züchter und Fabrikanten ihre Aussagen ernst meinen würden, diese weiterhin Heuchelei blieben, da das (kapitalistische) Wirtschaftssystem eine vom Menschen geschaffene Dynamik darstellt, und diese sehr wohl auch vom Menschen wieder verändert werden kann.

Ein anderer wichtiger Punkt ist noch, dass die reiche Schicht der Menschen stets nach der Vergrößerung des Eigenkapitals strebt und nichts mehr zählt als der Gewinn. Das Frevelhafteste dabei liegt jedoch nach Brecht nicht in der Tatsache, einen persönlichen Vorteil zu erlangen sondern vielmehr darin, dass dieses Streben hinter dem Vorhang der Humanität und der Menschenliebe versteckt wird.

2.2: Die Rolle der Religion in dem Stück

Die Vorgangsweise Maulers
Untersuchung anhand einer Gegenüberstellung in zwei Spalten wie folgt:
Verschleierungstaktik der kapitalistischen Gesellschaft
Die durch AK deutlich gemachte Wahrheit gesellschaftlicher Verhältnisse
VORGANGSWEISE MAULERS
Mauler gibt vor, aus plötzlicher Tierliebe, bzw. weil ihm das Schreien der Ochsen so zusetzt, aus dem Tiergeschäft aussteigen zu wollen.
In Wirklichkeit rechnet er sich kaltblütig aus, durch diesen Schritt den höchsten Gewinn erzielen zu können und betrügt sogar noch Cridle, einen Kollegen, den er ‚alten Freund‘ nennt.
Mauler/Cridle wollen Johanna von der Schlechtig-keit der Armen überzeugen.
Johanna erkennt, dass den armen Arbeitern nichts anderes übrigbleibt, als so zu handeln, wie sie es tun (schlecht), denn (S. 41f):
„Sicherlich hätte sie doch
Treue gehalten ihrem Mann wie andere auch
Und nach ihm gefragt, der ihr Unterhalt gab
Eine Zeitlang noch, wie es sich gehört.
Aber der Preis war zu hoch, der zwanzig Essen
betrug.“.
Mauler kauft angeblich Fleisch und Vieh auf, um den Markt zu stützen und den Arbeitern Arbeit zu geben.
Tatsächlich jedoch gelangt er durch diesen Schritt zu einer Monopolposition, die es ihm erneut erlaubt, die anderen an dem Wirtschaftsprozess beteiligten Personen auszunehmen.
Gegen Ende des Stückes unterstützt Mauler die Strohhüte finanziell und gibt vor, die Fabriken zu einem Ring zusammenzuschließen um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bekommen.
Zunächst verschweigt er jedoch, dass ein Drittel aller Arbeiter entlassen werden muss und auch der ohnehin schon niedrige Lohn um ein Drittel gesenkt wird.
Letztendlich ist auch in diesem Schritt wieder deutlich sichtbar: Mauler wird ordentlich davon profitieren (und die Arbeiter draufzahlen).
DIE ROLLE DER RELIGION
Die Religion als Vertröster auf den Himmel...
Den Arbeitern wird vorgegeben, für alles, was sie auf Erden leisten, im Himmel entlohnt zu werden.
vgl.: „Deutschland. Ein Wintermärchen.“ (H. Heine); sie sollen ‚nach Höherem streben‘.
‚Gott hat jeden Menschen an seinen Platz gestellt und er soll auch dort bleiben, weil er dort gebraucht wird‘.
(S. 143): „Soll der Bau sich hoch erheben
Muß es Unten und Oben geben. [...]
Unten ist der Untere wichtig
Oben ist der Richtige richtig.“
Es ist kein Aufstieg zu einer besseren sozialen Situation möglich; die Kirche unterstützt das kapitalistische System der Ausbeuterei.
Gelächter und Verspottung Johannas
Aufruf an die Viehzüchter, Fleischkönige,..., dass sie Veränderungen herbeiführen; Androhung und Vergleich mit dem jüngsten Gericht (vgl. S. 50f)
Johannas Aussagen über Religion am Anfang des Stückes helfen, dass System zu stützen:
(S. 16): „...ihr könnt euch vielleicht nichts
Süßeres denken als Schlagsahne, aber Gottes Wort
ist eben doch süßer...“
Johanna wird im Laufe des Stücks selber bewusst, dass sie die Menschen in dieser Form nicht davon abhalten darf, nach Gleichberechti-gung zu streben, denn diese Sätze heißen im Prinzip nichts anderes als: ‚versucht erst gar nicht nach der Schlagsahne [irdische Güter] zu streben, sondern nehmt euer Leben so, wie es ist.‘
2. Aufruf: Nächstenliebe ≈ Service; Johanna macht die Viehzüchter,... darauf aufmerksam, dass wenn es den Leuten besser geht, auch die Kaufkraft gesteigert wird. Sie verdeutlicht, dass Wohlstand für alle die Wirtschaft wieder in Gang bringen würde (→ Weg zur sozialen Markt-wirtschaft).

2.3: Woran scheitert Johanna? Welche Erkenntnisse gewinnt sie daraus?

Johanna erkennt auf ihrem Gang in die Tiefe, bei dem sie wirklich unmoralisches Handeln beobachtet, dass die Menschen durch ihre bittere, ausweglose Armut zu schwach sind, moralisch zu handeln.
Nach der kommunistischen Maxime ist auch ‚die Entfaltung menschlicher Freiheit und Geisteshaltung erst dann möglich, wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind‘.
(S. 54): „...solche, die ihr
In solcher Armut haltet, so geschwächt und in so dringlicher
Abhängigkeit von unerreichbarer Speis und Wärm, daß sie
Gleichermaßen entfernt sein können von jedem Anspruch
Auf Höheres...“

Als Johanna dieses erkennt, ist es für sie nicht mehr weiter verwunderlich, dass die erfrierenden und verhungernden Arbeiter nichts von Gott wissen wollen, sondern nur auf einen Teller Suppe und einen Schlafplatz aus sind.

Johanna begreift, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse so geändert werden müssen, dass alle genug zu essen haben, einen gesicherten Arbeitsplatz und einen Wohnraum.
Sie gesteht sich spät aber doch ein, dass diese Annäherung an soziale Gerechtigkeit so wichtig ist, dass sie mit allen Mitteln (notfalls auch mit Gewalt) durchgesetzt werden muss; nicht zuletzt um zurück zu Gott und zu moralischen Werten zu finden.

Johanna scheitert also das erste Mal daran, dass den Arbeitern das Mindeste zum Leben fehlt und sie die Sache falsch angeht; die Veränderung durch eine friedliche Mission ist nicht erreichbar.

Als sie jedoch einsieht, dass man Gewalt nur mit Gewalt bekämpfen kann, ist Johanna durch ihre Lungenentzündung schon so sehr geschwächt, dass sie ein zweites Mal scheitert. Ihre revolutionären Gedanken werden einfach überschrieen. Johanna hat sich von der Religion weg bewegt, wird jedoch trotzdem, damit das Volk von ihren Ansätzen revolutionärer Gedanken während des Sterbens nichts erfährt, zur Märtyrerin erklärt. (S. 143): „Man muß dafür sorgen, daß ihre Reden nur durchgelassen werden, wenn sie vernünftig sind.“

2.4: Wie steht Bert Brecht in diesem Stück - im Gegensatz zu „An die Nachgeborenen“ - zur Güte?

Bei dem Gedicht „An die Nachgeborenen“ geht Bertold Brecht davon aus, dass diese Nachgeborenen in einer besseren Welt leben, als er selbst. Er meint, dass dort (wo soziale Gerechtigkeit herrscht, da die Revolution erfolgreich durchgezogen wurde) so etwas wie Güte möglich ist.
Brecht ruft, von der Warte einer schon verbesserten Gesellschaft, sogar dazu auf, gütig zu seien (Nachsicht zu haben). Er erwartet sich, dass diese auch gewährt wird, da die Bedingungen besser sind.

Für Johanna hingegen ist Güte hinderlich:
Einerseits, ist sie darauf gekommen, dass, als sie Güte gezeigt hat (durch Suppe-Verteilen,...), sie eigentlich nur ein Stillhalten des Volkes bewirkt hat. Brecht zeigt in dem Stück eindeutig, dass Güte auch eine Art Beruhigungsmittel für das Volk sein kann, keinesfalls jedoch eine Medizin. Denn: wenn man nur akkute Not zu mindern versucht und das auch halbwegs gelingt, wird eine wirkliche Veränderung des Systems nur hinausgeschoben.
Andererseits wollte Johanna am Anfang Mauler zur Güte bewegen. Mauler ändern zu können war allerdings ein Fehlglaube; deswegen hat sie ihre Kraft hier verschwendet und ihre Bemühungen waren somit hinderlich zur Erreichung ihres Ziels, einen Wandel zu einer humaneren, sozial ausgeglicheneren Gesellschaft zu schaffen.

3: Persönliche Stellungnahme

Das Theaterstück „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ hat mir im Großen und Ganzen recht gut gefallen. So richtig gefesselt wurde ich von den Ideen aber erst, als ich mich näher mit dem Buch auseinander gesetzt habe. Ich halte die revolutionären Gedanken, die von Bert Brecht angesprochen werden, für wichtig; vor allem in der damaligen Zeit der Wirtschaftskrise.

Trotzdem sind die Grundgedanken auch auf die heutige Zeit umlegbar. Vor allem das Selber-Denken und das Sich-nicht-von-anderen-beeinflussen-Lassen sollten jedem Menschen wichtige Werte sein, wenn diese zu einer sozial gerechteren und humaneren Gesellschaft führen.

Der Gedanke, der mich in dem Stück am meisten fasziniert hat, war der, dass wir Menschen nicht human und moralisch handeln können, wenn unsere Grundbedürfnisse nicht gestillt sind (vgl. auch mit der ‚Kritischen Psychologie‘). Auch wenn es sich hierbei nur um eine Theorie handelt, finde ich, dass diese durchaus logisch ist und zum Nachdenken anregen sollte, ob wir wirklich so gute Menschen sind, wie wir es vorgeben zu sein. Würden wir in lebensbedrohlicher Not nicht auch zu Dieben oder gar Mördern werden?

Alter des Verfassers 16 Jahre
Schulstufe (Verfassen) 11. Schulstufe
Jahr (Verfassen) 2000
Fach Deutsch
Typ Literaturarbeit

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